Öffentlichkeitsarbeit in der Sozialen Arbeit

Grundprinzipien einer  Öffentlichkeitsarbeit, die zur  Veränderung des Bildes der Sozialen Arbeit führen soll

Vorbemerkung:
Das Bild der Öffentlichkeit, der anderen sozialen Fachkräfte und auch der Medien kann sich nur ändern, wenn die Profession und ihre Mitglieder anfangen, geschlossen, selbstbewusst, hochkompetent zu agieren und dieses nach außen zu tragen.

Die Veränderungen nach innen  (Schaffung von Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl der Professionellen) sind in gewissem Sinne Voraussetzungen für die Veränderung nach außen. Dennoch bleibt nichts anderes übrig, als beide Ziele zeitgleich zu verfolgen.
Andererseits sind manche Entwicklungen nach innen auch eine Art Reflex von Erfolgen und Veränderungen der Bedeutung nach außen.

  1. Öffentlichkeitsarbeit muss ernst genommen werden

Öffentlichkeitsarbeit kann man nicht so nebenbei machen.

  • Es bedarf eines gewissen Zeit- und Kraftaufwandes, vor allem braucht man auch Ausdauer und Geduld.
  • Es ist sinnvoll, wenn sich Leute für die Öffentlichkeitsarbeit ihres Verbandes, ihrer Gruppe, ihrer Initiative spezialisieren. Auf diese Weise können sie besser Erfahren sammeln, Kontakte z.B. zur Presse aufbauen  und die Verteiler für ihre Öffentlichkeitsarbeit aufbauen, pflegen und ständig erweitern.
  • Wenn es um das Schreiben von Texten, um das Filmemachen geht und auch, wenn es darum geht, öffentlich aufzutreten, brauchen die Spezies für Öffentlichkeit ernsthafte Schulung und Fortbildung. Ebenso brauchen sie unbedingt die Unterstützung und Rückmeldung von ihrer Gruppe

Unsere Öffentlichkeitsarbeit muss wirklich unsere sein. Wir sollten Öffentlichkeitsarbeit im eigenen Interesse betreiben:

Wir müssen wegkommen von  einem Verständnis, dass es bei Öffentlichkeitsarbeit darum geht, einem imaginären Kunden das eigene Produkt zu verkaufen und es deshalb so darzustellen wie auf Werbeplakaten. Weg von der Schönfärberei der Berichterstattung – an Träger und Geldgeber aber auch an Öffentlichkeit. Nur dann wird man ernst genommen, wenn man die Souveränität hat, realistisch zu sein.

Öffentlichkeitsarbeit im eigenen professionellen Interesse heißt,

  • Erfolge, Kenntnisse über Soziale Arbeit und auch die Problemlagen der Sozialen Arbeit ohne Verbrämung, ohne unangemessene Fallskandalisierung oder Falldramatisierung, aber auch ohne Verharmlosung und Verbrämung  nach außen zur Verfügung stellen,
  •  informieren über die Profession und über ihre Gefährdungen,
  •  regelmäßig Informieren, d.h., nicht nur punktuell und aus Anlässen heraus.

Beispiele:

  •  Kolummne in der Tageszeitung: “Neues aus der Sozialen Arbeit…”;
  •   Buch: “Tagebuch : Soziale Arbeit”  anonymisierte Schilderung von Fällen, von Erfolgen, von Schieflagen, von Behinderungen durch Sparauflagen, durch Strukturvorgaben)
  • “Schwarzberichte“ (statt oder parallel zu den offiziellen)
  •    Zeitschriftenbericht: Alltag einer Sozialarbeiterin

Negative Konnotation der Sozialen Arbeit bekämpfen durch positiv bewertete Begriffe

Wenn man das in der 1. Folge dieser Gedankenserie beschriebene Außenbild unserer Profession ansieht,  so sind die gegenwärtig wirkenden Konnotationen: !

“wirkungslos, zu teuer, kann jeder, brauche ich nicht….”

  • Beispiel für eine neue Konnotation, die der gegenwärtigen entwertenden Bedeutung entgegensteuert, wäre z.B. der Slogan:  „Soziale Arbeit: Qualität für uns alle.“
    Wenn man mit solchen Sätzen arbeitet, die eine neue, veränderte, positive und auch zur alten Bedeutung konträre Assoziation wecken, und dies konsequent und selbstbewusst tut, kann sich eine Bedeutung verändern und sogar umkehren (Beispiel: „Black is beautiful“).
    Wo könnte der Spruch “Soziale Arbeit: Qualität für uns alle” stehen, wie könnten wir ihn  in Umlauf bringen? auf Plakaten? als Buchtitel?
  • Inhalte konkret, verständlich, anschaulich vermitteln

Es geht in unserer Öffentlichkeitsarbeit nicht darum, uns als Fachdisziplin darzustellen, die so akademisch und wissenschaftlich ist, dass sie keiner versteht.

  •  Das heißt allerdings nicht, grundsätzlich keine Fachbegriffe zu verwenden und sich ausschließlich alltagssprachlich auszudrücken. Aber wenn wir sie benutzen, dass müssen wir sie erklären und erläutern, damit nachvollziehbar ist, was wir meinen.
  •  Eine freie Journalistin meinte vor kurzem auf die Frage, was wir schreiben sollen, damit man uns wahrnimmt und unsere Probleme auch erkennen kann: „Schreibt, was ihr im Alltag erlebt, was ihr tut, was ihr tuen möchtet, es aber nicht geht, weil ihr die Bedingungen nicht habt. Schreibt, was euch belastet, was euch Befriedigung und Freude in eurem Beruf vermittelt, was euch traurig macht oder aber verzweifelt, weil ihr nicht so arbeiten könnt, wie ihr esfür eure KlientInnen wünschen würdet. Schreibt endlich auf, was ihr bisher für euch behaltet, was ihr schluckt, wozu ihr schweigt.“
  • Wir müssen also das Bild selber prägen und inhaltlich bestimmen, das die Öffentlichkeit von uns hat.   Der Aufruf gilt: Macht für die Öffentlichkeit eure „Überlastungsanzeige“, die ihr nicht wegschicken könnt aus Angst vor Folgen und Einträgen in der Personalakte, schreibt für die Menschen draußen die ungeschönten Berichte, die ihr euch nicht traut, eurem Träger oder dem Amt abzugeben, beschreibt die Erfolge, auf die ihr eigentlich stolz seid, die aber keiner wissen will, weil es nicht die Erfolge sind, die erwartet werden….
  •  Bei alledem muss man sich natürlich durch Anonymisierung der Fälle, der Einrichtungen, der Städte etc. vor dem Vorwurf des Geheimnisverrates oder gar der Missachtung des Datenschutzes und dem informellen Selbstbestimmungsrecht der Klientel schützen.
    Hilfreich kann hierfür auch eine Organisation sein, die für solche Texte die Verantwortung übernimmt, die SchreiberInnen so als Einzelpersonen schützt und ggf. auch rechtlich unterstützt.

 Welche Ziele verfolgen wir bei unserer Öffentlichkeitsarbeit?

  1. Soziale Arbeit soll von der Öffentlichkeit, der Fachöffentlichkeit und der Politik sowie den Medien zur Kenntnis genommen werden.

Dabei will Soziale Arbeit Achtung und Respekt für ihre Ausbildung und ihre Leistungen erfahren.

Es gilt zu informieren über die eigene Profession in folgendem Sinne:

  • Soziale Arbeit ist vorzustellen als das, was sie ist: akademisch, fachlich fundiert, differenziert, parteilich, engagiert
  • und was sie leistet (in welchen Bereichen macht sie was, wo mischt sie mit, wird aber nicht gesehen?) wie sie arbeitet (ihre Methoden, ihre Lösungen, die Komplexität der Problemlagen, die sie bearbeitet, gute Fall- und Arbeitsbeispiele)
  • sowie auch mit ihren aktuellen Problemlagen.
  • Es muss vermittelt werden, was Soziale Arbeit kann, was die anderen Berufe aber nicht können (Alleinstellungsmerkmale)
  • Es muss vermittelt werden, was Soziale Arbeit im Kern ist, welche methodischen und ethischen, welche theoretischen Grundlagen sie hat.·
    Gerade zuletzt Genanntes setzt allerdings voraus, dass die Professionellen selber diese Kenntnisse haben und von sich und den Potenzen und Kompetenzen der Sozialen Arbeit überzeugt sind und dass sie entsprechend qualifiziert arbeiten können.
  • Es muss vermittelt werden, dass wir Dinge können, die man erst lernen muss, diehohe Anforderungen mit sich bringen, die keineswegs jeder kann.
  •  Es muss vermittelt werden, dass Wirkung und Erfolg nicht so platt zu definieren und so einfach zu erreichen sind, wie es sich die Politiker vorstellen.

2. Soziale Arbeit soll als die „Expertin für Soziales“ erkannt, genutzt, geachtet, geschätzt werden.

  • Es muss klar werden, dass wir  mit sozialen Problemen und deren Ursachen und Lösungen täglich zu tun haben
  • Es muss deutlich gemacht werden, dass wir in allen sozialen Fragen die Verbindung zur Wirklichkeit der Betroffenen halten und gleichzeitig professionelle Einsichten zu den Hintergründen und den Lösungsansätzen entwickelt haben.
  • Wir müssen der Öffentlichkeit und der Politik – aber auch unseren möglichen gesellschaftskritischen Bündnispartnern –  klar machen, dass wir einegesellschaftliche Kraft sind, die sich für soziale Gerechtigkeit aktiv einsetzt und für Chancengleichheit, für Teilhabe aller und die für die Verhinderung gesellschaftlicher Tendenzen wie Ausgrenzung, Diffamierung der sogenannten „neuen Unterschicht“ , die immer weiter auseinandergehende Schere zwischen Arm und Reich usf.
  • W ir müssen klar machen und beweisen, dass wir in der Lage sind – trotz unserer Abhängigkeit vom Geldgeber Staat –   kritisch auf die bestehenden Verhältnisse zu schauen.
  1. Die Öffentlichkeit soll dafür sensibilisiert werden,
  • dass die Soziale Arbeit zurzeit bedrängt und durch verschlechterte Rahmenbedingungen gehindert wird,
  • dass sie trotz immer ungünstiger werdender Bedingungen versucht, für ihre Klientel das Beste daraus zu machen,
  • dass wir sehr viel mehr könnten und bewirken könnten, wenn man uns wirklich ließe,
  • dass die voranschreitende Veränderung und Verkürzung der Sozialen Arbeit den Betroffenen (und das sind potentiell sehr viele) schadet.
  • Es muss vermittelt werden, dass Menschen nicht der Effizienz und den Gesetzen des Marktes unterworfen werden dürfen.

Damit soll  in der Öffentlichkeit eine Basis entstehen, auf der die gegenwärtigen Problemlagen und Gefährdungen, Kämpfe und Forderungen der kritischen Kräfte verstanden werden können und ihre Rechtfertigung mitgetragen wird.