Wie viel Ökonomisierung verträgt die Soziale Arbeit (Gilde Soziale Arbeit e.V. 2012)

(cb)

Was bedeutet Ökonomisierung?

Der Ökonomisierungsprozess ist noch keineswegs abgeschlossen. Soziale Arbeit ist in Bewegung. Es gibt Bereiche, in denen „die Welt noch in Ordnung scheint“, andere Bereich treten längst als Unternehmen auf und bedienen den Markt genau so, wie es die gegenwärtige Sozialpolitik erstrebt.

Am Ende unserer Betrachtungen zum Marktgeschehen „moderner“ Sozialer Arbeit steht die Frage, die Galuske stellt: „Wie viel Markt und wie viel betriebswirtschaftliches Denken kann die die Sozialpädagogik vertragen, ohne sich der Originalität und Produktivität, ohne sich ihrer kommunikativ strukturierten und lebensweltlich situierten Institutionalisierungs- und Handlungsformen zu berauben (Galuske 2002, S. 330)?

Buestrich und Wohlfahrt (2008, S. 1) weisen darauf hin, dass Soziale Arbeit sich nie außerhalb der Ökonomie gestellt habe, dass für sie auch lange vor der Ökonomisierungswelle z.B. die Begriffe „Effizienz“ und „Effektivität“, „Qualität“ und „Wirkung“ innerhalb der Fachlichkeit Sozialer Arbeit sehr wohl eine Rolle gespielt hätten.“ Daher, so die Autoren, sei die „über zehn Jahren geführte Debatte um die Notwendigkeit und Angemessenheit einer „Ökonomisierung des Sozialen“ sowie ihrer praktischen Auswirkungen von falschen Voraussetzungen ausgegangen, wenn sie meint den Vorwurf erheben zu müssen, dass im Sozialbereich – anders als in der Wirtschaft, wo „Geld verdient“ wird- , öffentliche Finanzmittel „verschwendet“ würden.

Alle Veränderungen, die durch die Ökonomisierung in der Sozialen Arbeit stattgefunden haben, zeigen tief greifende Folgen, was die zur Verfügung stehenden Mittel betrifft. Die Begrenzung der erforderlichen Ressourcen ist dabei jedoch nur einer der Aspekte dieses Prozesses, wenn auch der, der am augenscheinlichsten ist. Die Veränderungen wirken sich ebenfalls auf den Prozess der Erbringung sozialer Dienstleistungen selber aus und damit auch auf die Definition der Aufgaben und der Zielgruppen Sozialer Arbeit. Und nicht zuletzt verändern sie die Binnenstruktur, also z.B. die Organisation, die Sprache, die Bedeutung bestimmter Bezugswissenschaften, die intentionale Ausrichtung und die Methoden der Sozialen Arbeit.

Wenn man das Verhältnis von Sozialer Arbeit zu Ökonomie grundsätzlich betrachtet, müssen zunächst verschiedene Ebenen differenziert werden:

Wenn man Ökonomie zunächst nur neutral als die Gesamtheit aller Einrichtungen und Handlungen definiert, die der planvollen Deckung des menschlichen Bedarfs dienen, so kann der Feststellung nur zugestimmt werden, dass natürlich auch die Soziale Arbeit nicht außerhalb ökonomischer Gesetze steht (vgl. z.B. Mühlum 2009, S. 18; Albert 2008, S. 45). Auch sie kostet Geld, das sinnvoll und so ausgegeben werden muss, dass der Mitteleinsatz inhaltlich und quantitativ im angemessenen Verhältnis zum Ziel und zum möglichen Ergebnis steht. Hier erscheinen Ökonomie und Soziale Arbeit zwar als unterschiedliche gesellschaftliche Dimensionen mit unterschiedlichen Strukturen und Zielen, die es aber gilt einander anzunähern (vgl. z.B.  Olk 2009).

Vor diesem Hintergrund könnte man dann nur noch die Frage stellen: Wie viel Ökonomie verträgt die Soziale Arbeit? Und die Antwort könnte dann nur lauten, Ökonomie muss innerhalb der Sozialen Arbeit eine dienende Rolle übernehmen. Dort, wo sie mit ihrer Logik und ihren Zielvorstellungen die Kernidentität sozialer Arbeit zu verändern droht, ist sie nicht mehr dienlich sondern kontraproduktiv.

Ist es damit also prinzipiell schon möglich – ohne Verzicht auf die Aufgaben und Inhalte Sozialer Arbeit – Ökonomie und Soziale Arbeit miteinander zu versöhnen? Albert z.B. geht davon aus, dass im selben Maße, wie die Soziale Arbeit sich gezwungen sähe und dies aber auch akzeptiere, ihre Wirtschaftlichkeit unter Beweis zu stellen, auch die Wirtschaft eine soziale Wirtschaft werden müsse. VertreterInnen dieser Position beschwören die Wirtschaft, ihrerseits die Moral in ihre Handlungen mit einzubeziehen – und halten das sogar auch für möglich. „Ökonomie und Sozialarbeit sind gezwungen”, so fordert z.B. Albert, „sich sowohl moralisch als auch wirtschaftlich zu rechtfertigen”. Und weiter stellt er hoffnungsvoll fest: „Wenn diese Verbindung gelingt, dann wäre es ein „Profit” für alle – sei es nun als ein finanzieller Gewinn oder als ein Zuwachs an Menschlichkeit” (Albert 2008, S. 46). Albert und Staub-Bernasconi halten eine Übereinkunft und einen Ausgleich beider Systeme auf einem moralischen Hintergrund für möglich.
Staub-Bernasconi stellt durchaus zu Recht fest, dass nicht die Wirtschaft einer Gesellschaft als solche mit den Zielen und Inhalten der Sozialen Arbeit unverträglich sei, dass es vielmehr auf die Frage ankomme: „Wie verträgt sich die Wahl der Wirtschaftform mit der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse und gesellschaftlicher Entwicklung?“ (Staub-Bernasconi 2007a, S. 476).
Grundsätzlich ist dieser Position zuzustimmen.

Konkret aber müssen wir ja wohl zunächst ein mal von der Wirtschaftsform ausgehen, die in unserer Gesellschaft die Produktion und Reproduktion ermöglicht. Ökonomie ist immer und natürlich auch hier und heute mit unterschiedlichen Interessen gesellschaftlicher Gruppen und deren unterschiedlicher Voraussetzungen hinsichtlich der Besitzverhältnisse verbunden. Als herrschende Ökonomie wird sie von der herrschenden Ideologie einer Gesellschaft gestützt und abgesichert. Sie ist also nicht als wertneutral zu sehen, sondern muss von ihrer Interessenlage her begriffen werden. Die herrschende Ökonomie unserer Gesellschaft ist die Marktwirtschaft. Diese hat sich im Rahmen der Neoliberalisierung in den westlichen Ländern dieser Welt als „entfesselter Kapitalismus“ etabliert und stellt alles unter die Maxime, dass das Wohlergehen der Menschen einzig davon abhängt, wie gut es der Wirtschaft geht. Sie ist „alternativlos“ an Gewinnmaximierung interessiert und nicht an der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse und gesellschaftlicher Entwicklung – es sei denn, dies fördert wiederum ihre eigenen Interessen.
Da wir es aber nie mit einer abstrakten Wirtschaft sondern konkret mit den ökonomischen und politischen Interessen in unserer Gesellschaft zu tun haben, ist diese oben zitierte Position eher problematisch, da sie die Interessengegensätze verharmlost und negiert. Staub-Bernasconi hält es z.B. für möglich, dass sich „die Idee der Sozialverträglichkeit der Wirtschaft verbreitet und teilweise durchsetzt“, wenn z.B. Wirtschaftsführer mit Informationen über die soziale Situation der Bevölkerung und der Adressat(innen) der Sozialen Arbeit konfrontiert werden (ebenda, S. 498). Hier schimmert die oben schon skizzierte Idee vom „guten Kapitalisten“ durch, den es ja vielleicht geben mag, der aber deshalb nicht die ökonomischen Gesetze des Kapitalismus verändern wird und kann. Verkannt wird hier, dass hinter der herrschenden Ökonomie und ihrer offiziellen neoliberalen und neosozialen Politik und Ideologie Kräfte, Interessen und Machtverhältnisse stehen. Deren Marktlogik ist aber aus sich heraus alles andere als sozial und konnte und kann einzig durch die Menschen und ihren Druck zu sozialen Veränderungen und Zugeständnissen gezwungen werden. Staub-Bernasconi sieht das letztlich wohl auch, denn sie fügt an, dass die Politik und die neuen, weltweiten sozialen Protestbewegungen nachhelfen müssten, wenn sich so nichts bewegen ließe (Staub-Bernasconi 2007a).

Ökonomisierung meint in unserer konkreten, historischen Situation die Überstülpung der neoliberalen, also ungebremsten, so genannten freien Marktlogik und der Marktinteressen über alle gesellschaftlichen Bereiche, u. a. eben auch der Sozialen Arbeit. Hier geht es nicht um eine Aushandlung zweier gleichberechtigter Partner und schon gar nicht um die Frage, wieweit ökonomische Strukturen einer Sozialen Arbeit dienlich sein können, um ihre Qualität zu erhöhen. Dies ist der Kern dessen, was hier als Ökonomisierung bezeichnet wird. Auf diesem Hintergrund sind die Prozesse zu verstehen, die Soziale Arbeit verändern und sind auch die Ziele zu interpretieren, die hinter diesen Veränderungsansprüchen stehen.

Worin, so mag man sich am Ende der gesamten Analyse dieses Kapitels fragen, besteht denn nun das Hauptproblem der Ökonomisierung für die Soziale Arbeit?

Der Ökonomisierungsprozess hat für die Soziale Arbeit verschiedene Facetten und seine Folgen haben unterschiedliche Erscheinungsformen. Sie hängen zusammen, sind aber unterscheidbar hinsichtlich ihrer Auswirkungen und hinsichtlich der jeweils identifizierbaren Konfliktebene mit der Sozialen Arbeit:

  • Haben wir es im Wesentlichen damit zu tun, dass im Rahmen der Verbetriebswirtschaftlichung Sozialer Arbeit eine Subordination unter eine fachfremde Logik erfolgt ist? Wäre es daher die zentrale Folgerung kritischer Sozialer Arbeit, dass sie sich als autonome gesellschafts- und sozialwissenschaftliche Profession ihrer eigenen Sprache und Logik zu besinnen und auf ihr zu bestehen habe?
  • Liegt das Problem hauptsächlich darin, dass mit dem Einzug des ökonomischen Effizienzbegriffes und dem Gebot der Kostendämpfung der Sozialen Arbeit quantitativ und damit auch qualitativ die Luft abgedreht wird? Wäre es also vor allem anderen angezeigt, die Unsinnigkeit des Billigproduktes Soziale Arbeit und die Folgen dieses Kurz- und Kleinsparens nachzuweisen?
  • Geht es darum, dass Soziale Arbeit kommerzialisiert wird, also käufliche Produkte herstellen soll und damit nur noch als Dienstleistung für souveräne Kunden tätig werden darf und kann? Ginge es also darum, den Dienstleistungs- und den Kundenbegriff als für die Soziale Arbeit ungeeignet zu identifizieren?
  • Besteht das Hauptproblem darin, dass soziale Leistungen privatisiert werden und die Soziale Arbeit gezwungen wird, sich selber als Unternehmer auf einem Sozialmarkt zu verhalten? Müsste es also das Hauptanliegen kritischer Sozialarbeit, die Notwendigkeit eines Nonprofit-Bereiches Soziale Arbeit nachzuweisen?

Oder geht es um mehr?

Bei der Ökonomisierung geht es um all das. Aber dahinter steht die globale Strategie einer alle Bereiche der Gesellschaft umfassenden Unterwerfung unter die Prinzipien des Marktes, der Marktverwertung und der Gewinninteressen. Soziale Arbeit als in diesem Sinne ökonomisierte Soziale Arbeit ist damit nicht mehr in der Lage ist, ihre Ziele, Wege und Zielgruppen selber zu bestimmen. Sie wird instrumentalisiert und benutzt, um eine Gesellschaft herzustellen und aufrechtzuerhalten, in der nicht die Bedürfnisse von Menschen zählen, sondern die „alternativlosen“ Erfordernisse des kapitalistischen Marktes. Menschen haben hier nur noch die Funktion von Humankapital und sind verpflichtet, ihren Teil eigenverantwortlich zur Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen beizutragen. Sie sind nicht mehr die Souveräne der Gesellschaft, sondern die DienerInnen der Wirtschaft.

So gesehen ist die Ökonomisierung nur eine Seite der Neoliberalsierung der Gesellschaft. Ökonomisierung geht Hand in Hand mit der neuen neoliberalen Ideologie, die seit einigen Jahrzehnten unsere westlichen Gesellschaften beherrscht, sie bedient sich ihrer Logiken und setzt die Ideologie durch. Was die Soziale Arbeit betrifft, wird durch die Ökonomisierung vor allem das Tor weit geöffnet für eine neue Soziale Arbeit, die sich von ihren sozialpolitischen Aufgaben und von ihrer an fachlich und ethische Prinzipien gebundenen Professionalität verabschiedet.

BWL kann auch Dienstfunktion übernehmen. Allerdings begrenzt, sie spricht eine Andere Sprache und leitet eine Übernahme ein.
BWL ist aber in unserer Gesellschaft nicht von den ökonomischen Interessen zu trennen: deshalb ist sie doppelt problematisch.
Sie kommt als Rationalisierungshilfe und ist gleichzeitig das Einfallstor der Ökonomisierung, die alles, alles Menschliche vor allem unter ihre Herrschaft stellt. Alles wird zur Ware, der Mensche auch.

Am Ende unserer Betrachtungen zum Marktgeschehen „moderner“ Sozialer Arbeit steht die Frage, die Galuske stellt: „Wie viel Markt und wie viel betriebswirtschaftliches Denken kann die die Sozialpädagogik vertragen, ohne sich der Originalität und Produktivität, ohne sich ihrer kommunikativ strukturierten und lebensweltlich situierten Institutionalisierungs- und Handlungsformen zu berauben (Galuske 2002, S. 330)?

Die VerfasserInnen des 11. Jugendberichtes, der sich speziell mit den Folgen der Modernisierung auf die Kinder- und Jugendhilfe befasst (2002), monieren weniger die Folgen der Ökonomisierung als die Tatsache, „dass die Debatten um den Stellenwert neuer Steuerungsprozesse in der Sozialen Arbeit und deren fachliche Implikationen und Herausforderungen die Diskussion um die eigentlich wichtigen sozial- bzw. jugendpolitischen Aspekte und die eigenen Arbeitsformen aus dem Vordergrund verdrängt hätten“ (S. 78). Sie sprechen von einer „bemerkenswerten Schieflage“ in der Fachdiskussion und erinnern daran, „dass die Reform der Verwaltung des Jugendamtes, die Einführung von Kontraktmanagement, die Etablierung von Qualitätsentwicklungsstrategien und neuen Konzepten des Personalmanagements nur einen Teil und nur einen Weg zur Weiterentwicklung und Modernisierung der Kinder- und Jugendhilfe darstellen. Daneben bedürfen auch die etablierten Instrumente, Arbeitsformen, Standards und institutionellen Settings der Kinder- und Jugendhilfe der Weiterentwicklung – und dies nicht nur angesichts veränderter Lebenslagen, sondern auch, weil hier in den letzten Jahren eine Reihe von Defiziten sichtbar geworden sind“ (S. 79). Diese Einschätzung durch den 11. Jugendbericht sieht das Problem darin, dass die Ökonomisierung von den eigentlichen Themen der Profession ablenke.

Hier wird die Bedeutung der Ökonomisierung unterschätzt. Diese existiert nicht neben den eigentlichen, fachlichen Themen. Sie nimmt diese vielmehr durch ihre Logik tendenziell in Beschlag und zwingt sie zur Neukalibrierung ihrer fachlichen Standards und Konzepte. Dies soll im Folgenden erläutert werden.

Persönliche Erfahrungen

Es fing ganz allmählich an. Auf einmal tauchten bei uns im Jugendamt hier und da neue Begriffe auf: Budget, Qualitätssicherung, Steuerung, Effektivität, Effizienz…. Wir wurden auf der alljährlichen Fachtagung von unserem Amtsleiter dazu aufgefordert, heraus zu finden, was wohl das „Produkt“ unserer Arbeit sein könnte: War unser Produkt der arbeitsfähige und arbeitswillige Jugendliche? Oder produzierten wir möglichst glückliche Jugendliche oder solche, die ihr Leben bewältigen konnten? Oder waren unsere Produkte vielleicht nur die Arrangements, die es einem Jugendlichen ermöglichten, sein Leben einmal bewältigen zu können?

„Input, Output, put put“, witzelten wir und glaubten damals fest daran, dass diese Begriffe und Ideen sich binnen einiger Monate wieder erledigen würden, so wie es bis dahin mit mancher fixen Idee unseres rührigen Amtsleiters passiert war. Aber dem war nicht so. Diese Begriffe fingen an, unsere alltägliche Arbeit zu begleiten. Sie nisteten sich in unsere Konzeptüberlegungen ein. Sie drängten sich auf, wenn wir unsere Haushaltspläne für das nächste Jahr erarbeiteten. Dann folgten die ersten Stellensperren, es wurden Projekte nicht verlängert oder nicht genehmigt, der Begründungsaufwand für jeden müden Pfennig, den wir zusätzlich haben wollten für unsere Arbeit, wuchs zu einer Papierflut an und fachliche Argumente zogen immer weniger. Irgendwann war der Augenblick gekommen, wo es nur noch um Geld zu gehen schien. Das war Anfang der 90er Jahre.

Als ich noch 1987 meinen Antrag, vier neue feste Stellen für Sozialpädagogische FamilienhelferInnen einzurichten, bei der Amtsleitung eingereicht hatte, wurde ich von unserer eigenen Grundsatzabteilung dazu aufgefordert, erst einmal nachzuweisen, dass meine bisherigen siebenjährigen Bemühungen irgendeinen Effekt gehabt hatten. Ich hielt diese Aufforderung zunächst für eine besonders hinterlistige Methode der Kollegen der Grundsatzabteilung, mich ein wenig zu ärgern. Aber ich machte mich schon aus eigener Neugier an den Bericht und konnte drei Monate später die detaillierten Ergebnisse unserer Arbeit vorlegen: Bei etwa einem Drittel der Familienhelfermaßnahmen hatten unsere MitarbeiterInnen die von ihnen gesteckten Ziele voll erreichen können. Bei einem weiteren Drittel war am Ende zumindest ein wichtiger Teil der Ziele eingelöst. Das letzte Drittel hatte die Hilfe entweder vorzeitig abgebrochen oder aber der erwünschte Erfolg war ausgeblieben. Das war alles zusammen für so eine komplizierte Arbeitsaufgabe wie die Sozialpädagogische Familienhilfe keine schlechte Bilanz! Außerdem konnten wir belegen, dass sich in unseren Hilfen keineswegs lauter „leichte Fälle“ oder Familien aus den mittleren Bevölkerungsschichten befanden, sondern dass wir es durchweg mit den wirklich schwerwiegenden „Familienfällen“ des Jugendamtes zu tun hatten. Der Bericht überzeugte – erst die Kollegen im Amt und später auch den Magistrat.

Wie es damals wohl noch die meisten SozialarbeiterInnen getan hätten, reagierte auch ich zunächst ein wenig empört auf das Ansinnen, den Wert und die Qualität meiner Arbeit nachweisen zu müssen. War denn unser Engagement, unsere Qualifikation, war die detaillierte Kenntnis der Problemlagen nicht genug Beweis dafür, dass wir gute Arbeit leisteten? Aber schließlich hatte ich mich doch davon überzeugen lassen, dass wir es der Gesellschaft und unserer Klientel schuldig waren, zu prüfen und nachzuweisen, dass wir mit unserer Arbeit auch wirklich das erreichten, was erreicht werden sollte. Natürlich, so wurde mir jetzt klar, war es unser ureigenstes Interesse, heraus zu finden, ob unsere Bemühungen den erwarteten Effekt hatten, ob unsere Methoden das bewirkten, was wir anstrebten.

Aber diese Erkenntnis kam in gewisser Weise bei uns und auch bei mir zu spät. Statt uns selber auf das Ross der Qualitätsprüfer zu setzen und voran zu reiten, statt die Klärung der Frage nach unserer Effektivität selber in die Hand zu nehmen, statt aus unserer fachlichen Sicht heraus zu definieren, was Qualität in unserem Metier bedeutet, haben wir damals lange, viel zu lange zögerlich zugeschaut, wie fachfremde Controller diese Aufgaben für uns übernahmen und ihre Art zu denken sich über alles, was wir taten und planten, wie ein Maschendraht legte. Statt das Ross selber zu reiten, haben wir uns von diesen Effizienzpolizisten mitschleifen lassen und mussten nun sehen, wie wir hinter ihnen herstolperten. Plötzlich gab es keinen Haushalt mehr, um den man mit guten Argumenten kämpfen konnte. Es gab auf einmal Budgets. Wir dürften jetzt unser Geld selber verwalten, hieß es verlockend. Aber was wir nun selber entscheiden konnten, war nur die Frage, was wir und wo wir in unserem Haushalt die von oben vorgeschriebene Summe einsparen wollten. Denn das Sparen war nun scheinbar das Hauptziel unseres Daseins geworden. Stellen wurden ganz eingespart, Abteilungen zusammengelegt, Projekte gestrichen, Mittel gekürzt. Wir wurden aufgefordert, mehr Synergieeffekte zu nutzen und endlich dafür zu sorgen, dass kostspielige Hilfen und Projekte zugunsten günstigerer Alternativen aufgegeben wurden. Dann begriff ich eines Tages durch unseren damaligen Jugendamtsleiter, was passiert war: Ich hatte im Verlauf von ungefähr sieben Jahren im Jugendamt eine eigene Erziehungsberatungsstelle aufgebaut, die sich nicht, wie übliche Erziehungsberatungsstellen im Wesentlichen mit Klienten aus den mittleren sozialen Schichten befasste, sondern die gezielt und bewusst für die Menschen da war, die im Jugendamt betreut wurden. Die kamen eben nicht von alleine, hatten keinen „Leidensdruck“, wurden meist geschickt und ihre Motivation für Hilfe war äußerst begrenzt. Hier bedurfte es eines Vielfachen mehr an Fingerspitzengefühl, an Zeit, an vertrauensbildenden Maßnahmen, an Bereitschaft, sich auf fremde Lebenswelten einzulassen. Das ging natürlich nur mit einer veränderten Organisationsstruktur und mit anderen, hier besser geeigneten Methoden. In unserer Erziehungsberatungsstelle war es z.B. üblich, Hausbesuche zu machen und nicht zu warten, dass die Leute den Weg von selber zu uns finden würden. Wir nahmen uns die Zeit, die diese Familien brauchten, bis sie bereit und in der Lage waren, über ihre Erziehungsprobleme zu reden. Wir machten niedrig schwellige Angebot im Stadtteil, bei denen die Menschen unsere MitarbeiterInnen erst einmal in Ruhe kennen lernen und Vertrauen zu ihnen entwickeln konnten. Natürlich kostete uns diese Arbeit viel Kraft aber auch viel Zeit. Unser Erfolg aber, so hatten wir bis dahin geglaubt, gab uns Recht: In unserer Beratungsstelle machten die Familien, die der Allgemeine Sozialdienst uns geschickt hatte, in den meisten Fällen wirklich mit und brachen die Hilfe nicht nach ein, zwei Terminen ab. Darin unterschieden wir uns ganz deutlich von den anderen Beratungsstellen in der Stadt.

Aber nun kam der Amtsleiter aus einer seiner Besprechungen mit den Leuten aus dem Amt für Steuerung und verlangte von uns, zu errechnen, wie viele Minuten bei uns eine Beratung im Schnitt dauerte und wie viele Beratungen pro Fall bei uns durchgeführt wurden. Ziel war ein Vergleich zwischen den verschiedenen Beratungsstellen der Stadt, der es ermöglichen sollte, festzustellen, welche Beratungsstelle am kostengünstigsten arbeitete.

Und dann kam, was kommen musste: Dass wir logischerweise teurer waren und mehr Zeit veranschlagen mussten, eben weil unsere Klienten diese Zeit brauchten, wollte mit einem Mal keiner mehr wissen und keiner mehr hören. Was bis dahin unser Markenzeichen gewesen war, nämlich die Beratungsstelle zu sein, die es schaffte, solche Klienten zu erreichen und mit ihnen zu arbeiten, die üblicherweise durch alle Netze von Beratungsangeboten fallen, das war jetzt auf einmal unser Makel. Wir waren zu teuer, weil wir teurer waren, als die anderen. Warum wir das waren und welche besondere Qualität wir so erreichten, spielte auf einmal keine Rolle mehr. Der Markt hatte die Jugendhilfe erreicht. Mir wurde an diesem Tag klar, dass sich etwas in der Sozialen Arbeit entscheidend ändern würde. Mein Jugendamtsleiter ging kurz danach als Manager und Berater in die Wirtschaft.

Ob die hier beschriebenen positiven Aspekte der Ökonomisierung allerdings deren noch darzustellende problematische Folgen für die Soziale Arbeit aufwiegen können, wird zu diskutieren sein. Mit Galuske ist grundsätzlich zu bedenken: Ob und wieweit diese „unzweifelhaft vorhandenen Potentiale … zum Tragen kommen können, ist abhängig von den Intentionen, mit denen entsprechende Reformvorhaben angegangen werden, mit anderen Worten: in welchem Verwendungskontext sie realisiert werden“ (Galuske 2002, S. 224). Entscheidend ist, ob es bei diesen Reformansätzen um die „Optimierung der fachlichen Effektivität“ oder aber um die „Effizienz der ökonomischen Rationalität von Kosten und Nutzen geht“ (vgl. Rauschenbach 1999b, S. 235).

Bestimmte Instrumente, Verfahren und Vorgehensweisen des betriebswirtschaftlichen Denkens wären also nicht notwendig problematisch für die Soziale Arbeit, im Gegenteil, sie könnten unterstützend wirken. Es käme aber darauf an, wie weit sie sich in den Dienst der Fachlichkeit Sozialer Arbeit stellen ließen und damit zu dem führen könnten, was bereits 1992 Flösser und Otto von der neuen Managementbewegung erhofft haben: dass sie bei der „Optimierung der vorhandenen Organisationsstruktur“ hilft, aber der Sozialen Arbeit die Verantwortung für ihre eigenen entscheidenden Fragen selber überlässt (vgl. Flösser/Otto 1992).

Im ersten Schritt erreichte die Vermarktlichung die Soziale Arbeit in Deutschland in der Gestalt einer „Verwaltungsmodernisierung“. Das „New Public Management“, ins Deutsche übersetzt „Neue Steuerung“, wurde 1990 für alle Kommunen verbindlich eingeführt und galt als Heilmittel für die allgemeine „Kostenkrankheit“ öffentlicher sozialer Dienstleistungen angesichts der leeren Kassen der Kommunen und als Unterstützung eines Rationalisierungs- und Qualitätsverbesserungsprozesses in der Sozialen Arbeit. Es ging bei der Neuen Steuerung um den Einbau von Marktelementen, Effizienzkriterien und betriebswirtschaftlichen Steuerungselementen in den bislang eher durch bürokratische Steuerungsformen dominierten Sektoren der Erbringung Sozialer Dienstleistungen. Die Neue Steuerung war als Reformprozess also „von Anfang an von einer strikten Fokussierung auf den Leitbegriff Effizienz geprägt“ (Dahme/Wohlfahrt 2006, S. 61; vgl. auch Finis Siegler 1997).

Als Ende der 80er Jahre zwischen dem Sozialmanagement („New Public Management“) und der Sozialen Arbeit in Deutschland die ersten Berührungen stattgefunden hatten, reagierte die sozialpädagogische Fachwelt durchaus interessiert, aber auch reserviert. Z. B. verstehen Flösser und Otto im Jahre 1992 „Sozialmanagement“ als ein sinnvolles Herangehen, das insbesondere mit Blick auf die Freien Träger einen Sinn mache. Man verweist auf den damals gerade vollzogenen Prozess der „Neuorganisation Sozialer Dienste“, einen Reformansatz, der von der Sozialpädagogik selber ausging und der seinerseits gegen ein mögliches Festfahren Sozialer Arbeit im Kontext von Bürokratie und Verwaltung gerichtet war und sich z.B. für Ziele wie ‚Aufhebung der Trennung von Innen- und Außendienst’‚’Verantwortung an die Basis’ und ‚Regionalisierung und Dezentralisierung Sozialer Dienste’ stark gemacht hatte. Flösser und Otto weisen auf die unbefriedigende Umsetzung der Neuorganisation insbesondere bei den Freien Trägern hin. In diesem Zusammenhang wird das Sozialmanagement als eine mögliche Hilfe bei der Durchsetzung der damals favorisierten Strukturveränderungen im Sinne der Neuorganisation gewertet (vgl. Flösser/Otto 1992, S. 96).

Die verschiedenen Autoren des von Flösser und Otto 1992 herausgegebenen Buches gehen bei ihren Überlegungen ansonsten klar und einmütig davon aus, dass Soziale Arbeit als Nonprofit-Bereich grundsätzlich nicht marktförmig und auf Gewinn ausgerichtet geführt werden könne. Merchel z.B. betont, dass Sozialorganisationen sich elementar von Wirtschaftsunternehmen unterscheiden (Merchel 1992, S. 82). So gesehen könne das Sozialmanagement nur Anregungen geben für eine bessere organisatorische Struktur und müsse „sozial gewendet werden“. Die Autoren Brülle und Altschiller stellen die Frage, was aus dem Wirtschaftsektor im Kontext Sozialer Arbeit einen Sinn mache und somit übernommen werden könne. Keinesfalls dürfe das Managementkonzept die fachlichen und inhaltlichen Themen der Sozialen Arbeit überlagern (Brülle/Altschiller 1992, S. 58ff). Klar ist für Flösser und Otto, dass das Managementkonzept selber die entscheidenden Fragen Sozialer Arbeit, wie etwa die nach ihren Konstitutionsbedingungen, nicht thematisiert und ausschließlich den „organisatorisch immanenten Perspektiven verhaftet bleibt (Flösser/Otto 1992, S. 8). Deshalb könne es auch nicht mehr und nichts anderes bewirken als eine „Optimierung der vorhandenen Organisationsstruktur“.

Viele Wissenschaftler und Fachkräfte der Sozialen Arbeit begrüßten damals die Neue Steuerung wegen der Chancen, die sie sich von einer grundsätzlichen Neuorientierung der Sozialen Arbeit in Richtung einer rationaleren und weniger bürokratischen Profession versprachen. So stellte z. B. Schwarz (1992) die Forderung nach mehr Markt in der Sozialen Arbeit. Er versprach sich davon die Lösung all der Probleme der Sozialen Arbeit, die seines Erachtens aus den bisherigen Konstruktionsprinzipien von Sozialverwaltung und Sozialen Dienste erwachsen waren: von der Demotivation der MitarbeiterInnen aufgrund eines vernachlässigten Personalmanagements, über die langen Dienstwege und den dadurch entstehenden Entscheidungsstau aufgrund der Hierarchisierung bis hin zur Angst der MitarbeiterInnen um ihre Arbeitsplätze, die eine konsequente Outputsteuerung – also eine Planung, Durchführung und Kontrolle des Handelns – an den beabsichtigten Zielen verhindere (Schwarz 1992, S. 38). All das, so glaubte Schwarz, würde der Markt, würde eine Marktsteuerung der Sozialen Arbeit, verändern und im Interesse der Klientel verbessern können.

Auch andere Autoren gingen davon aus, dass den Bemühungen um die Neue Steuerung, neben den Wünschen nach Kosteneinsparung, durchaus auch die Chance innewohne, Soziale Arbeit qualitativ zu verbessern (vgl. dazu z.B. Messmer 2007, S. 19 oder auch Galuske 2002, S. 323). Man versprach sich unter anderem eine Hebung des reflexiven Potentials in der Sozialen Arbeit, begrüßte die Aufforderung zur Überprüfung der eigenen Angebote und Strukturen und hoffte, dass mit Einführung dieser Reformen, die eigenen erbrachten Leistungen transparenter, kontrollierbarer, und im Interesse der Klientel perspektivisch verbessert werden könnten (vgl. z.B. Galuske 2002, S. 324).

Der Abschied von einer Erbringung sozialer Dienstleistungen ausschließlich durch freie Träger und gemeinnützige Vereine und die Öffnung Sozialer Arbeit hin zum Markt, bedeuten u. a., dass hier Abhängigkeiten von gesellschaftlichen Kräften einkalkuliert und riskiert werden, die privater Natur sind und die z.B. ein Gewinninteresse und kein Gemeinwohlinteresse vertreten.

Der Staat gibt mit diesem Schritt seine sozialpolitische Verantwortung weitgehend in die Hände des Marktes ab. Seine Verantwortung sieht er nur mehr darin, die Steuerung des Sozialen Marktes zu sichern, insbesondere hinsichtlich seiner Effizienz und mit dem Ziel, die entstehenden Kosten nachhaltig zu senken. Er selber tritt nicht mehr bzw. kaum noch als Anbieter Sozialer Arbeit auf, sondern steht jetzt vornehmlich als Kostenträger den Erbringern Sozialer Arbeit gegenüber. Diese sehen sich in die Prinzipien der Marktwirtschaft eingebunden und von deren Risiken – und Chancen – zwangsläufig betroffen (vgl. Albert 2006, S. 20).

Dem Finanzträger der Sozialen Arbeit (z.B. der öffentlichen Jugendhilfe) kommt im Wesentlichen die „Funktion eines Kosten- und Gewährleistungsträgers zu, der die Gesamtverantwortung für die fachliche Ausgestaltung der zu vereinbarenden Leistung inne hat“ (Messmer 2007, S. 23). Die Erbringer der Leistung auf der anderen Seite sehen sich durch den Kostenträger aufgefordert, ihre Angebote differenziert und in klar kalkulierbaren Preisen auszuweisen.

Die entscheidende und für die MitarbeiterInnen in der Praxis gravierende Folge der neuen Vereinbarungsstrukturen des Kontraktmanagement ist die veränderte Beziehung zwischen den Partnern, die für die Erbringung Sozialer Leistungen Vereinbarungen treffen müssen: Der Kostenträger, längst nicht mehr selber Anbieter Sozialer Dienstleistungen (die wenigen stadteigenen Betriebe z.B. sind als GmbHs ausgegründet), tritt den erbringenden Trägern nur noch in einer Kontrollfunktion und mit der Macht gegenüber, über Kostenzuweisungen entscheiden zu können. Ihm gegenüber stehen die leistungserbringenden Träger als neue Unternehmen auf dem Sozialen Markt, die aber in einer erheblich schlechteren Position sind als z. B. Betriebe in der Produktion. Der Abnehmer ihrer Leistungen ist nämlich der einzig mögliche Kunde und hat damit eine Monopolstellung. Sie sind von ihm abhängig und alle anderen Träger befinden sich in der gleichen Abhängigkeit.

Das Kontraktmanagement dient dazu, die erwünschte Kostensenkung im Sozialbereich durchzusetzen. Es geht nach Galuske dabei „im Kern um die Etablierung eines Sozialmarktes, in dem überprüfbare Leistungen zu transparenten Preisen von untereinander um Kosten und Qualitäten konkurrierenden Dienstleistungsanbietern erbracht werden sollen“ (Galuske 2008, S. 19).

Mit dem neuen Finanzierungskonzept wird die Leistung der Sozialen Arbeit konsequent an ihrem „Output“ orientiert finanziert. „Als wirkungsorientiert kann ein Finanzierungssystem immer dann bezeichnet werden, wenn das Volumen des Leistungsentgeltes zu einem bedeutenden Teil durch Parameter der Ergebnisqualität bestimmt wird“ (Landes 2007, S. 33). Finanziert wird nur, was eine erkennbare Wirkung hat. Die Effektivität spielt also für die Leistungsfinanzierung die entscheidende Rolle. Die Definition der erstrebten Wirkung und die Frage, durch welche Qualität der Leistung die Wirkung erreicht werden, ist das Hauptthema bei den Leistungsvereinbarungen.

Generell hängt die Frage, ob ein Projekt, eine Einrichtung, eine Maßnahme Sozialer Dienstleistung vom Staat (mit) finanziert wird, letztlich nicht von der fachlichen Notwendigkeit ab, sondern von der Entscheidung der Sozialpolitik bzw. der Verwaltung, ob sie bereit ist, für das Projekt oder die Einrichtung zu zahlen. Diese macht eine mögliche Finanzierung vom Output, aber zunächst natürlich von den zur Verfügung stehenden Mitteln abhängig. Die Erbringung Sozialer Dienstleistungen steht immer unter dem Damoklesschwert, dass die Gesellschaft und für sie sprechend die Verwaltung ihre Nützlichkeit und Notwendigkeit bezweifeln könnte und möglicherweise auf sie verzichtet.

Der Wettbewerb zwischen den verschiedenen Anbietern Sozialer Dienstleistungen, gleichgültig ob es freie und gemeinnützige Träger oder gewerbliche Anbieter sind, gleichgültig, ob es kleine, finanzschwache Träger oder große Wohlfahrtsverbände sind, ist bei diesem neuen Finanzierungs- und Leistungserbringungsmodell strukturell eingeplant und gewollt (vgl. § 78b  KJHG), ganz im Sinne von Wettbewerb als „Rivalität zwischen Wirtschaftssubjekten auf dem jeweiligen Markt mit dem Ziel, möglichst viele Marktanteile auf dem Käufermarkt zu erhalten“ (Flösser/Vollhase2006, S. 81).Vom Wettbewerb als Strukturmaxime der kapitalistischen Wirtschaft wird angenommen, dass er per se in der Lage sei, einen höheren Grad an Effektivität und Effizienz zu erzeugen und auch Innovationen zu fördern (ebenda). Entsprechend werden solche Auswirkungen auch von einem Wettbewerb innerhalb der Sozialen Arbeit erwartet. Und so wird die „schützende Hand“ über den Wohlfahrtsverbänden und den Einrichtungen und Diensten Freier Träger weggezogen. Sie müssen sich fortan den Wettbewerbsbedingungen eines Marktes stellen.

Soziale Arbeit findet sich im Rahmen der Ökonomisierung als Leistungserbringerin Sozialer Dienstleistung wieder, als Unternehmerin, die ein unternehmerisches Risiko zu tragen hat, als Marktakteurin, die in Konkurrenz steht zu anderen Anbietern, die ihre Ware verkaufen und die von daher ein Interesse haben muss, diese Ware möglichst günstig anzubieten und möglichst noch günstiger zu produzieren. Unter dem Primat der Effizienz und unter den Bedingungen des sozialen Pseudomarktes sind gleichzeitig fachliche Belange von sekundärer Natur und werden von den Erfordernissen des Überlebens auf dem Markt mehr und mehr an den Rand gedrängt. Idealtypisch zugespitzt: Wo früher über Kinder und Jugendliche nachgedacht wurde, werden jetzt der Kunde hofiert, der Markt analysiert, Werbung betrieben, Konkurrenz beobachtet, Kosten gesenkt usw. (vgl. Galuske 2002, S. 328).

Das Interesse verlagert sich im Rahmen der Wettbewerbsstrategie zwangsläufig von der Fachlichkeit und der Frage nach dem Nutzen für die Klientel auf Fragen der Kosten und der Effizienz. „Wer bietet die gefragte Leistung am günstigsten an?“, das ist die entscheidende Frage.

Durch den Zwang, möglichst kostengünstig und möglichst billiger als die anderen eine Leistung anzubieten, kann es leicht passieren, dass von Qualität nicht mehr viel übrig bleibt. Oder aber die Leistungsvereinbarungen werden zu Mogelpackungen, die nicht halten können, was sie versprechen.

Die Instanz, die über die Qualität der zu erbringenden Leistung wachen müsste, ist der Geldgeber selber. Ein Konflikt zwischen Kostensenkung und Qualitätsvorstellungen ist für ihn vorprogrammiert. Auf diese Weise könnte sich das Kostensenkungsanliegen der Politik im Rahmen des Wettbewerbes und der Leistungsvereinbarungen mit verschiedenen Anbietern praktisch ohne Gegenkraft durchsetzen.

Die Begriffe Effektivität und Effizienz sind seit der Einführung des Sozialmanagements in der Sozialen Arbeit die dominierenden Begriffe. Albert spricht davon, dass im Kontext der Ökonomisierung die Wirtschaftsprinzipien nicht nur Eingang in den sozialen Bereich finden, sondern in gewisser Hinsicht sogar die Deutungshoheit über die Zielsetzung von Sozialer Arbeit übernehmen (vgl. Albert 2006, S. 26).

Die Aufforderung, wirtschaftlich und sparsam mit den ihr anvertrauten öffentlichen Mitteln umzugehen, sollte für Soziale Arbeit aus eigener Verantwortung heraus selbstverständlich sein. Die in früheren Jahrzehnten innerhalb der Sozialen Arbeit übliche fachinterne Logik eines reinen quantitativen Wachstums („Neue Probleme erfordern neue Quantitäten, insbesondere personelle“) ist eine frühmoderne Lösungsvariante, die heute nicht einfach aufrechterhalten werden kann. Es muss sehr wohl auch Anliegen der Sozialarbeit sein, alternative Denkweisen und Überlegungen zur Problemlösung einzuführen, die zu einem kostengünstigeren Mitteleinsatz führen. So ist in jedem Fall auch die Frage gerechtfertigt, ob es andere, vielleicht kostengünstigere Ressourcen und Wege gibt, die für dieses oder jenes Problem besser eingesetzt werden können. Synergieeffekte sind zu nutzen und zu entwickeln. Die Nutzen/Kostenfrage ist innerhalb der Sozialen Arbeit also sehr wohl ernst zunehmen und wird auch ernst genommen (vgl. Sorg 2007, S. 209; Albert 2006, S. 26; Meinhold/Matul 2003).

Aber wo ist die Grenze für Rationalisierungsstrategien in der Sozialen Arbeit? Gibt es solche Grenzen oder kann sie grundsätzlich dem Effizienzprinzip unterworfen werden?Effizienz und Effektivität sind keine von einander unabhängigen Größen. Sie stehen in engem Zusammenhang miteinander. Wichtig ist die Frage, wie dieser Zusammenhang definiert und in der Praxis angewandt wird: Muss sich die Effizienz nach der Effektivität richten bzw. stellt die Effektivität für die mögliche Effizienz den Gestaltungsrahmen dar? Oder muss sich die Effektivität im Zweifel dem Gedanken der Effizienz unterordnen?

Nach Finis Siegler (1997) gilt aus betriebswirtschaftlicher Sicht: „Der Versuch, wirksame Maßnahmen ökonomisch zu bewerten, darf nicht dazu führen, dass unter der Hand Äpfel mit Birnen verglichen werden. Die Anwendung des ökonomischen Prinzips setzt eine verbindliche Definition und Operationalisierung der Ziele sowie der relevanten Messgrößen bzw. Indikatoren voraus. Eine Effizienzsteigerung ist nur dann gegeben, wenn mit reduziertem Mitteleinsatz noch dasselbe Ziel, ein qualitativ gleich hoher Output, bzw. umgekehrt, mit demselben Input ein größerer Output identischer Qualität erreicht wird. Effizienz ist eine relative Größe. Effizienzvergleiche setzen voraus, dass die Referenzgröße gleich bleibt“ (Finis Siegler 1997, S. 128).

Auch der Gesetzgeber spricht davon, dass das im Sinne der gewünschten größeren Effizienz der Sozialen Arbeit sparsame Wirtschaften nicht zu einem Qualitätseinbruch führen dürfe (vgl. Abschnitt 3.2.2.3). Es wurde die Verpflichtung zur Qualitätsentwicklung mit in die Bedingungen für die mögliche Finanzierung von Leistungen aufgenommen. Hier wird die Beziehung zwischen Effizienz und Effektivität definiert: Die Qualität darf nicht unter den Bemühungen um Effizienz und sparsames Wirtschaften leiden. Die Verfechter der Ökonomisierung und Modernisierung der Sozialen Arbeit betonen sogar immer wieder, dass die Verbesserung der Qualität sozialer Dienstleistung eines der zentralen Anliegen dieses Management-Prozesses sei. Auch alle Mittelkürzungen sind immer mit dem Anspruch aufgetreten, zu einer höheren Qualität Sozialer Arbeit beizutragen.

Effizienz muss die Effektivität also in ihre Definition einbinden. Nur wenn Hilfe effektiv ist, also ein bestimmtes, definiertes Ziel tatsächlich erreicht, macht es auch einen Sinn, danach zu fragen, ob dieses Ziel auch kostengünstig erreicht wurde. Der erforderliche Aufwand, eben auch der Kostenaufwand, ergibt sich vor allem aus der notwendigen Qualität, die gebraucht wird, um bestimmte Ziele auf fachlichem Wege zu erreichen. Die Frage, welche Qualität notwendig ist, um die benannten Ziele erreichen zu können, steht damit im Zentrum der Frage nach der Effektivität und ist vor den Überlegungen zur Effizienz zu beantworten. Verhandelt werden kann erst danach über unterschiedliche Wege und Verfahren, die aber genau zu dem gleichen Ergebnis kommen müssten.

Wenn man dagegen von Effizienz redet, ohne die erforderliche Effektivität vorher zu definieren oder wenn man an der Effektivität Abstriche macht, weil sonst das Effizienzziel nicht eingehalten werden kann, wird Effizienz zum Selbstzweck und gefährdet die Qualität. Etwas Unzureichendes billig zu machen, ist keine große Leistung. Effizienz ohne Effektivität ist letztlich absurd und auf jeden Fall viel zu teuer. Dieser Zusammenhang wird laut Finis Siegler innerhalb der Betriebswirtschaft genau so gesehen (Finis Siegler 1997, S. 128).

Rationalisierungsbemühungen haben also tatsächlich ihre Grenze dort, wo sie die angestrebten Ziele gefährden oder verunmöglichen. Einig ist sich die Fachwissenschaft aber darin, dass durch das Bemühen um mehr Effizienz, also durch den Einsatz von Rationalisierungsmaßnahmen, die Qualität der Sozialen Arbeit nicht leiden darf. Das ist eine wichtige Bedingung, die es einzuhalten gilt (vgl. z.B. Galuske 2002; Wolf 2006b, S. 294; Kreuzer 2001). Rationalisierungsmöglichkeiten sind auch im Kontext der Sozialen Arbeit auf verschiedenen Ebenen denkbar. Aber es ist in jedem Fall zu prüfen, ob die Grenzen eingehalten werden, die sich aus der erforderlichen Fachlichkeit Sozialer Arbeit ergeben. Hier sind bei den meisten der oben genannten Strategien aber Zweifel angebracht. Z.B. kann es kein vertretbarer Weg sein, durch Lohndumping in der Sozialen Arbeit Geld zu sparen, weil dadurch in vielfältiger Weise die Fachlichkeit der Leistungen bedroht ist.

Im Folgenden soll exemplarisch an zwei Rationalisierungsbeispielen gezeigt werden, wieso und dass sie die fachliche Grenze überschreiten:

Gebühren und Teilnahmebeiträge in der Sozialen Arbeit

Ko-Produzentenbezogene Rationalisierungsstrategien sind z.B. Modelle der Kostenbeteiligung (etwa Beiträge, Gebühren). Sie sollten und können auch in der Sozialen Arbeit erwogen werden, finden aber immer da ihre Grenze, wo sie dazu führen würden, genau die Klientel von den Dienstleistungen und Angeboten auszuschließen, für die diese gerade geschaffen wurden.

Wer bereit ist, etwas für eine soziale Dienstleistung zu investieren, z.B. weil das Produkt aus seiner Sicht einen großen Wert hat, weil es ihn von einem persönlich empfundenen Leidensdruck befreien kann, wird weder Mühen noch Kosten scheuen. Der Leiter einer Erziehungsberatungsstelle, die für einen großen Landkreis in Hessen zuständig war, wurde gefragt, ob die weiten Wege zu seiner Beratungsstelle nicht ein Problem für seine Klientel darstellten. Er antwortete, die KlientInnen, die von ganz weit weg zu ihnen kämen, seien die besten, weil am meisten motiviert. Eine solche Aussage kann vielleicht für eine Beratungsstelle gelten, die gezielt von Personen aufgesucht wird, die genau wissen, warum sie diese Leistung anstreben. Wer aber die Notwendigkeit für eine Unterstützung nicht sieht, wer sich scheut, sie in Anspruch zu nehmen, wer das Problem unterschätzt, wird nicht bereit sein, zu zahlen oder Zeit und Wege zu investieren. Gerade aber solche KlientInnen und solche Ausgangsmotivationslagen für Hilfestellungen sind für die Soziale Arbeit konstituierend. Neben Angeboten, die frei gewählt werden können (z.B. Kindergartenplätze, Ferienfreizeiten), sind für die Soziale Arbeit gerade solche Hilfen und Leistungen typisch, die von den Betroffenen in ihrem Wert erst im Verlaufe des Hilfe-Koproduktionsprozesses erkannt werden (z.B. viele Hilfen zur Erziehung, Jugendgerichtshilfe, Betreuung psychisch Kranker). Menschen brauchen Unterstützung, sind aber deswegen noch lange nicht bereit, Kraft, Zeit oder auch Geld dafür zu investieren. Folglich schließt sich diese Rationalisierungsstrategie immer dann aus, wenn es gerade darum geht, Menschen zu erreichen, die eben nicht von vorneherein bereit und in der Lage sind, für Hilfen Geld zu investieren. Und wer nicht über die notwendigen Mittel und die erforderliche Mobilität verfügt, wird ohne hin Schwierigkeiten haben, die Hilfe unter solchen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Auch das ist für die Klientel der Sozialen Arbeit in der Regel der Fall.

Ambulante und stationäre Hilfen

Eine organisationsbezogene Rationalisierungsstrategie hat eine Erhöhung der Effizienz durch veränderte Organisationsstrukturen zum Ziel. Auch hier gibt es für den Bereich der Sozialen Arbeit Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen, weil sonst das angestrebte Ziel verfehlt würde.

Das zeigt sich z.B. bei der Anwendung ambulanter statt stationärer Leistungen etwa in der Hilfe zur Erziehung. Die ökonomischen Vorteile ambulanter Hilfen sind nicht von der Hand zu weisen. Ob im konkreten Fall aber eine stationäre oder eine ambulante Hilfe angezeigt ist, darf nicht einfach als Organisationsfrage und schon gar nicht als Kostenfrage behandelt werden. Wird stationäre Hilfe aus fachlichen Gründen gebraucht, so wird nur sie mit hoher Wahrscheinlichkeit den erwünschten Effekt haben und nur sie darf dann auch gewählt werden. Und ohne diese erstrebte Wirkung wäre eine zwar kostengünstigere ambulante Hilfe eine letztlich sinnlose Geldausgabe.

Hilfeplanung als technischer Vorgang

Ein Beispiel für eine problematische dienstleistungsbezogene Rationalisierungsstrategie ist der Missbrauch der Hilfeplanung als bloßes Rationalisierungsinstrument: Wenn Hilfeplanung, die, wie Bremer sagt (2008, S. 19) „im Sozialrecht emanzipatorisch und kooperativ gut gedacht“ wurde, dennoch ausschließlich als Möglichkeit der Planbarkeit, Strukturiertheit und Steuerung und damit letztlich als Instrument zur Kostensenkung genutzt und somit als ein technischer Vorgang definiert wird, ohne Spielräume für „kreative Beziehungsgestaltung, gemeinsames Handeln und Aushandeln“ (ebenda, S. 17) zu eröffnen, stellt sie eine unangemessene Rationalisierungsstrategie dar, die dem Charakter der helfenden Beziehung nicht gerecht wird und sie konterkariert statt sie zu fördern.

Bei Versuchen der Rationalisierung in der Sozialen Arbeit ist also immer zu beachten: Sie dürfen nicht zu Verlusten an Fachlichkeit und Qualität der Leistung führen. Es ist fraglich, ob in der Praxis auf die Grenzen der Rationalisierbarkeit der Sozialen Arbeit wirklich geachtet wird. Und es stellt sich die Frage, ob diejenigen, die der Sozialen Arbeit Rationalisierungsstrategien aufzwingen, die Grenzen unserer Profession beachten und beachten wollen.

Dominanz des Effizienzgebotes im Ökonomisierungsprozess

Alle Modernisierungsprozesse, die im Rahmen der Ökonomisierung innerhalb der Sozialen Arbeit vollzogen wurden, sollten und sollen in erster Linie dem Zweck der Kostendämpfung dienen. Eine Verknappung der Mittel wird ja als Normalfall angesehen. Es geht nicht einfach nur darum, möglichst wirtschaftlich mit Geld umzugehen, sondern darum, auf alle Fälle mit möglichst wenig Geld auszukommen. Die Möglichkeit, dass mehr Effektivität, mehr und bessere Qualität vielleicht auch mehr Kosten bedeuten könnten, ist nicht vorgesehen und wird von daher von vorneherein ausgeschaltet. Die Frage, welche Mittel Soziale Arbeit für den aus fachlicher Sicht angestrebten Output im konkreten Fall tatsächlich brauchen würde, darf und kann gar nicht gestellt werden.

Somit ist hier Effizienz nicht der Effektivität nachgeordnet und steht nicht – wie weiter oben als notwendig abgeleitet – mit ihr in einem direkten Zusammenhang. In der Wirklichkeit der marktförmig umgebauten Sozialen Arbeit wird Effizienz von vorneherein, an erster Stelle und grundsätzlich eingefordert. Außerdem wird erwartet, dass die gleichen (qualitativ gleichen) Ergebnisse unter den knapperen finanziellen Bedingungen trotzdem erreicht werden. Diese Erwartung dient sozusagen als Rechtfertigung für diese unangemessene Voranstellung der Effizienzforderung.

Diese Praxis widerspricht der von Finis Siegler (1997, S. 128) festgestellten betriebswirtschaftlichen Sicht vom Verhältnis von Effektivität und Effizienz und sie widerspricht letztlich den Vorgaben des § 78 KJHG, wo immerhin ja die Rede davon ist, dass trotz aller Sparsamkeit die Leistungserbringer in die Lage versetzt werden sollen, ihr Angebot bedarfsgerecht zu gestalten. In Abweichung zu den Vorstellungen von Finis Siegler, die erklärt, dass die Definition dessen, was fachlich Ziel und was Mittel zum Ziel zu sein hat, nicht die Ökonomie leisten kann und will (ebenda), muss festgestellt werden, dass heute bei der Frage, was Soziale Arbeit für Zielvorgaben hat, die Ökonomie und damit die Politik zunehmend mitredet und zwar über das von ihr dominierend eingesetzte Gebot der Effizienz.

Das alles macht die Modernisierungs- und Reformprozesse für die sozialpädagogischen Fachkräfte so zwiespältig und problematisch und das macht auch die konstruktive Auseinandersetzung mit ihnen schwierig (vgl. z.B. Liebig 2003, S. 64). Gekoppelt mit der Absicht, die Kosten zu senken, wird der Effizienzgedanke als Instrument missbraucht, Einsparungspolitik nachhaltig um- und durchzusetzen.

Verbetriebswirtschaftlichung der Sozialen Arbeit

Soziale Arbeit wird zunehmend durchdrungen von einer effizienzorientierten Marktlogik und damit von der im ökonomischen Sektor der Gesellschaft üblichen betriebswirtschaftlichen Denkweise (vgl. Galuske 2002, S. 321). Die Einflüsse des dominierenden betriebswirtschaftlichen Denkens in der Sozialen Arbeit auf die Binnenstruktur der Sozialen Arbeit sind groß. Neben der alles bestimmenden Effizienz gewinnt so die Sprache und damit auch die Logik der Betriebswirtschaft ständig an Bedeutung und trägt dazu bei, Soziale Arbeit von einer sozialen gesellschaftlich verantwortlichen Instanz in ein Marktprodukt zu transformieren.

Tatsächlich aber folgen die Soziale Arbeit und die Betriebswirtschaft unterschiedlichen Logiken und sind somit nur begrenzt kompatibel (vgl. Galuske 2002, S. 328). Eine Soziale Arbeit, die zwischen System und Lebenswelt der Menschen als intermediäre Instanz im Sinne einer Brückenfunktion angesiedelt ist, ist zwar dem System verpflichtet, muss aber ebenso die Sprache der Lebenswelt sprechen und auch ihrer Logik folgen. Entsprechend, so Galuske, „führt die Verlagerung in Richtung systemischer Marktimperative zu einer Neukalibrierung der Handlung leitenden Koordinaten“ (ebenda, S. 329). Während Ökonomie das Verhalten von Menschen durch Geld und Macht zu steuern versucht, ist Soziale Arbeit im Kern kommunikativ strukturiert. Ihre möglichen Wirkungen werden über kommunikativen Austausch und Verständigung erzielt und setzen eine Vertrauensbeziehung zwischen der KlientIn und der SozialpädagogIn voraus. Flösser/Oechler sprechen in diesem Kontext als von einem „zentralen Merkmal sozialer Dienstleistungen, welches sie von industriellen Produktionsweisen unterscheidet. „Muss der Kunde bzw. Adressat bei der Erbringung der Dienstleistung anwesend sein, ergibt sich für die Steuerung der Produktion sozialer Dienstleistungen eine Fokussierung auf die Interaktion und Kommunikation zwischen ProduzentInnen und KonsumentInnen als primärem Qualitätsparameter der Dienstleistung (Flösser/Oechler 2006, S. 157; vgl. auch Kasper 2006). Wenn diese zentralen Merkmale sozialpädagogischer Prozesse aber in den Hintergrund geraten, weil die Sprache der Betriebswirtschaft dafür keine Begriffe hat und keine Möglichkeiten bereit hält, sie angemessen zu erfassen, dann führt diese fremde Sprache zu einer Veränderung und Entfremdung der Sozialen Arbeit selber. Die VerfasserInnen des 11. Jugendbereichtes (2002) berichten, dass von Kritikerinnen und Kritikern der Ökonomisierung vor allem darauf hingewiesen wird, dass unreflektiert betriebswirtschaftliche Konzepte und deren Terminologie auf sozialpädagogische Handlungsfelder übertragen wurden (S. 79).

 Betriebswirtschaftliches Unverständnis von sozialen Strukturen

Mit der Sprache und Denkweise der Betriebswirtschaft hält auch deren vereinfachende Vorstellung vom Gegenstand Sozialer Arbeit Einzug in die Soziale Arbeit selber und scheint sich dort durchzusetzen. Die Verbindung der betriebswirtschaftlichen Tendenz zur Formalisierung und Quantifizierung sozialpädagogischer Inhalte auf der einen Seite mit dem allgegenwärtigen Effizienzpostulat auf der anderen Seite kann leicht dazu führen, dass Soziale Arbeit im Rahmen der Ökonomisierung ihren Kern verliert und zu einer platten, eindimensionalen und standardisierten Hilfeschablone verkommt. Systemische Zusammenhänge des Gegenstandes Sozialer Arbeit werden dabei missachtet oder einfach ausgeklammert. Es wird nicht nur versucht, um jeden Preis Qualitäten in Quantitäten zu erfassen und auszudrücken, es wird auch nur in linearen Zusammenhängen gedacht. Wesentliche Aspekte wie z.B. Partizipation, Schaffen von Vertrauen, biografischer Eigensinn aber z.B. auch prozessuale Strukturmerkmale wie die Herausbildung einer Gruppe oder interaktive Momente finden mit ihrer Komplexität keinen Eingang in die Leistungs- und Entgeltbeschreibungen und werden damit auch inhaltlich eliminiert.

Beispiel „Genehmigt wurden genau zwei mal vier Stunden Tagesgruppe.“

Die Sozialpädagogische Tagesgruppe ist eine teilstationäre Hilfe zur Erziehung. Das Gesetz sieht diese Hilfe (§ 32 KJHG) vor für Kinder und junge Jugendliche, die in einer Gruppe mit anderen Kindern und Jugendli­chen eine intensive Betreuung und Erziehung erfahren sollen. Formal sieht die Sozialpädagogische Tagesgruppe aus wie ein Hort mit längeren Öffnungszeiten (die Kinder bleiben bis in die Abendstunden). Inhaltlich findet hier aber gezielte Erziehungsplanung und persönliche Unterstützung statt. Eingebaut in das Alltagsgeschehen (Mahlzeiten, Hausaufgaben, Freizeitaktivitäten) werden alle Kinder und Jugendlichen einzeln betreut und gefördert. Hinzu kommt eine intensive Kooperation mit Schule und Elternhaus. Wesentliches pädagogisches Medium ist die Gruppe, in der die Kinder soziale Kompetenzen erwerben und festigen sollen und Solidarität, Freundschaft aber auch den kritischen Umgang mit ihren Peers lernen können. Dass eine solche Hilfe nur dann ihre Wirkung entfalten kann, wenn die betroffenen Kinder Vertrauen und Vertrautheit zu ihren BetreuerInnen und auch zu den anderen Kindern entwickeln, liegt auf der Hand. Das Jugendamt der Stadt M. aber hat sich neuerdings zur Kosteneinsparung Folgendes ausgedacht: Die Tagesgruppe wird ab sofort nur noch nach einzelnen Betreuungsstunden bezahlt. Wenn ein Kind nicht da ist, fällt auch keine Betreuungsarbeit an. Dann kann es auch nicht „abgerechnet“ werden. Bezahlt wird nur die Stunde, die auch tatsächlich stattgefunden hat. Manches Kind braucht die Betreuungsstunde der Tagesgruppe nach Auffassung des Jugendamtes nur zweimal die Woche, manches nur dreimal, wenige sollten immer anwesend sein. Bei bestimmten Kindern kann das Mittagessen wegbleiben, andere, für die eine Kindertherapie bezahlt wird, gelten an diesen Nachmittagen nicht als Besucher in der Tagesgruppe und müssen auch nach der Therapiestunde nicht mehr für die übrig bleibende Stunde in die Tagesgruppe kommen. Damit kann die Auslastung gezielter gesteuert werden und die Einrichtung kann deutlich mehr Kinder aufnehmen. Die MitarbeiterInnen der Tagesgruppe sind bestürzt angesichts des nun auf sie zukommenden Papierkrieges und vor allem wegen der Folgen für die pädagogische Arbeit: Weder die Gestaltung von Alltag noch das Zusammenwachsen der Gruppe wird unter so zerstückelnden Bedingungen möglich sein. Dass so die Hilfe für keines der Kinder mehr richtig greifen kann, ist ihnen bewusst aber gegenüber dem Jugendamt können sie diese Argumentation nicht durchsetzen.

Eine Gruppe kann sich unter diesen Bedingungen nicht herausbilden. Das Gefühl, zu Hause zu sein, angenommen zu werden, sich öffnen zu dürfen, wird nicht mehr entstehen. Ein Vertrauensverhältnis zu BetreuerInnen, die Kinder wegschicken müssen, weil sie an diesem Nachmittag nicht bezahlt werden, kann schwerlich unbelastet sein. Die entscheidenden Prozessmerkmale der Hilfe „Sozialpädagogische Tagesgruppe“ werden hier durch Rationalisierung, Quantifizierung und Standardisierung aus der Hilfedefinition regelrecht „herausgezählt“. Dadurch wird die Hilfe scheinbar rationierbar und portionierbar. Tatsächlich verliert sie ihre eigentliche innere Struktur und damit auch ihre mögliche Wirkung.

Hinzu kommt, dass alle bis dahin nicht vollständig mit der Betreuung der Kinder ausgefüllten Zeiten für die MitarbeiterInnen, die bisher genutzt werden konnten für Vorbereitungen und Kontaktgespräche, wegfallen, da die Auslastung mit Kindern drastisch erhöht wird und die Arbeit mit den Kindern aufgrund der fehlenden Kontinuität wesentlich schwieriger wird.

Der Versuch, die Betreuerstunde als inhaltsleere Einheit zu standardisieren, macht das Produkt zu einer Dienstleistung, die kaum mehr bieten kann, als ein reines Aufbewahrungssetting.

 Industrielle Produktion Sozialer Arbeit

Thole und Closs (2000) thematisieren die im betriebswirtschaftlich akzentuierten Fachdiskurs innewohnende Tendenz zum technologischen Reduktionismus und zur Ausblendung von Eigenzeiten und Eigensinn. Sie befürchten, dass die interaktiven und kommunikativen Kernbereiche der Sozialen Arbeit auf diese Weise an Bedeutung und Raum verlieren. Die Reduktion Sozialer Arbeit auf einen technologischen Vorgang entkleide sie ihrer eigentlichen Inhalte. „Praktisch gesprochen“ ergänzt Galuske, „führt die Dominanz des technischen Blicks in den formulierten Qualitätsstandards zu einer tendenziellen Ausblendung nicht-technischer Aspekte der interaktiven und kommunikativen Qualität helfender Beziehungen“ (Galuske 2002, S. 335). Zumindest tendenziell könnte man bildlich gesprochen sagen, treibt der Markt der Sozialen Arbeit ihre Seele aus.

In der Praxis bedeutet die Standardisierung und Technisierung Sozialer Arbeit, dass nicht mehr die professionelle Kompetenz der Sozialen Arbeit gefragt ist, die mit Ermessensspielräumen umgehen kann und für ihre fachlichen Entscheidungen und Schritte eine wissenschaftlich fundierte Reflexionsgrundlage nutzt, auf der sie im Sinne einer autonomen Professionslogik handelt. Vielmehr geht es nunmehr um die exakte Anwendung und Umsetzung von Qualitätshandbüchern, die eine „best pratice“ Mentalität verwirklichen und die Bearbeitung Sozialer Problemlagen zu einer Aufgabe mit „technischer Natur“ umfunktionieren (vgl. Ziegler 2006, S. 151). Es ist nun nicht mehr wichtig, dass SozialpädagogInnen wissen, warum sie welche Maßnahme verwenden, und genau genommen ist es nicht einmal mehr nötig, dass sie wissen, was sie tun. Es reicht aus, dass die PraktikerInnen über ein Bündel bürokratisch kontrollierbarer Anweisungen verfügen, die sie dazu anleiten, „eine definierte Maßnahme A in einer definierten Situation B durchzuführen“ (ebenda, S. 152). So stellt auch Staub-Bernasconi fest: „Die zunehmende Standardisierung und die standardisierten, institutionalisierten Schlüsselqualifikationen rechtfertigen den vermehrten Einsatz von Software, gering qualifizierten, flexiblen Fachkräften, Quereinsteigern sowie die Ausweitung des Anteils von sozial ungeschützten Teilzeit- und Werkvertragskräften“ (Staub-Bernasconi 2007, S. 36), womit sich ein Kreis schließt: Die Prekarisierung der Sozialen Arbeit geht Hand in Hand mit der Standardisierung ihrer Arbeitsinhalte.

 Spezifik sozialpädagogischer Leistungen und Wirkungen

Die Schwierigkeiten, die schon bei der Produktbeschreibung und bei dem Versuch, Produkte und ihre Qualität quantitativ zu erfassen, geschildert wurden, wiederholen sich da, wo es um die Erfassung, Bestimmung, Definition und Überprüfung von Wirkungen, Erfolgen, Effekten und Ergebnissen Sozialer Arbeit geht.

„Ein Produkt kann, je nach Betrachtungsweise, unterschiedlich beschrieben werden. Es kann als die Bereitstellung von Einrichtungen, Zeit und Personal (Leistungsbereitstellung), als Nutzung durch einen Adressaten bzw. eine Adressatin (Leistungsinanspruchnahme) oder als Sozialisationseffekt (Leistungswirkung) aufgefasst werden. … Dort, wo Produktbeschreibungen sich überwiegend an der quantitativen Messbarkeit einer Maßnahme oder Dienstleistung orientieren, ist eine Beurteilung der (Ergebnis-)Qualität und der Wirkung (Outcome) nur bedingt möglich“, stellt der 11. Jugendbericht (2002, S.81) fest.

Eine sozialpädagogische Wirkung ist keineswegs so leicht zu messen wie die Wirkung einer Leistung z.B. im medizinischen Bereich. Wenn ein Patient einen unterentwickelten Muskel durch eine bestimmte Gymnastik trainieren soll, ist der Erfolg oder Effekt klar auszumachen und zu überprüfen. Der Zuwachs an Muskelmasse und die Zunahme an Kraft dieses Muskels sind eindeutige Indikatoren für den Erfolg der Gymnastik und lassen sich einfach messen. Sozialpädagogische Leistungen stellen dagegen, was die Erfassung ihrer Effektivität betrifft, eine sehr viel größere Herausforderung dar und das nicht etwa nur wegen der damit verbundenen messtheoretischen Probleme.

So wird außerdem z.B. oft übersehen, dass die „Herstellung“ von Produkten zwingend an die Koproduktion mit den Adressatinnen und Adressaten gebunden ist. Auch aus diesem Grund ist die Normierung und Messung der „Produkte“ nicht einfach und stellt eine besondere Schwierigkeit dar. Mit Merchel ist die generelle Frage zu stellen, „ob es – angesichts des Prozesscharakters pädagogischer Abläufe, angesichts des für Pädagogik charakteristischen Mangels an eindeutigen Ursache-Wirkungsbeziehungen, angesichts der Individualität der Ziele und der damit nur einzelfallbezogenen Beurteilbarkeit von Ergebnissen, angesichts des interaktiven, auf das Zusammenwirken von Adressat und Professionellen ausgerichteten Charakters der Leistungserstellung – ob es bei dieser Komplexität überhaupt sinnvoll ist, sich auf die Ebene der Ergebnisqualität einzulassen“ (Merchel 2000, S. 25; vgl. hierzu auch Wolf 2006, S. 294ff; Ziegler 2006, S. 149). Trotz dieser immensen Schwierigkeiten hält Merchel die Überprüfung der Ergebnisse Sozialer Arbeit aber doch für unverzichtbar und sieht in ihr eine zentrale Aufgabe. Er plädiert dafür, sich dieser schwierigen aber unabdingbar notwendigen Herausforderung unbedingt zu stellen (Merchel 2000, S. 25). Das bedeutet aber auch, dass Qualität und Effektivität Sozialer Arbeit bei ihrer Überprüfung oder Operationalisierung nicht durch fachfremde Kräfte, sondern immer und nur durch die VertreterInnen der Profession selber zu bestimmen sind.

Zu solchen methodischen Problemen der Erfassung von Wirkung und Ergebnisqualität kommt hinzu, dass die Soziale Arbeit über eine grundsätzlich andere Effektivitätslogik verfügt als die Ökonomie und die Betriebswirtschaft: Was aus Sicht der Sozialen Arbeit effektiv ist, muss es nicht im Sinne der Ökonomie sein und umgekehrt. Soziale Arbeit erzeugt keine ökonomischen Gewinne, es sei denn, man organisiert sie genau so um. Soziale Arbeit funktioniert nicht nach dem Prinzip, dass immer die größte Quantität auch der größte Erfolg ist. Wenn ein Jugendzentrum z.B. von durchschnittlich 500 Jugendlichen im Monat aufgesucht wird, so muss das nicht unbedingt ein größerer Erfolg sein, als wenn ein anderes Jugendzentrum nur 30 Leute eines Stadtteils erreicht, weil diese 30 nämlich genau die Gruppe der Jugendlichen darstellen, für die ein Unterstützung besonders notwendig ist. Soziale Arbeit kann also Ergebnisse und Erfolge haben, die Kosten erzeugen, die sich aber nicht im ökonomischen Sinne rechnen. So kann es ein großer sozialpädagogischer Erfolg sein, dass ein ehedem Obdachloser es jetzt schafft, eine neue Wohnung zu halten und nicht wieder rauszufliegen. Dennoch schafft er es vielleicht nicht, sich erneut ins Erwerbsleben einzugliedern. Erfolge für Soziale Arbeit bestehen auch darin, dass Menschen auf dem Weg zu einem Ziel kleine Schritte schaffen, auch wenn das Ziel noch unerreicht ist und vielleicht auch unerreichbar bleibt.

Und schließlich muss bei der Frage nach den Wirkungen der Sozialen Arbeit auch beachtet werden, dass letztendlich nur dann eine Wirkung denkbar und erreichbar ist, wenn Soziale Arbeit die Bedingungen vorfindet, unter denen sie ihre Wirksamkeit entwickeln kann. Prekäre Arbeitsplätze, Unterbezahlung, Bezahlung und Beschäftigung nach Arbeitsanfall sowie der Einsatz nicht fachlich ausgebildeter Kräfte und überall das Fehlen der notwendigen Zeiteinheiten für eine intensive, nachhaltige und tatsächlich wirksame Arbeit, all das unterläuft ständig die Professionalität Sozialer Arbeit. Und gleichzeitig führen all diese Sparstrategien fataler Weise den Beweis der scheinbaren Wirkungslosigkeit und Überflüssigkeit Sozialer Arbeit. Denn wenn diese nicht die Bedingungen erhält, unter denen sie ihre Möglichkeiten entfalten kann, wird sie mit ihren Ergebnissen kaum überzeugen können. Es erscheint zynisch, wenn von der Sozialen Arbeit gefordert wird, ihre Wirksamkeit unter Beweis zu stellen und man ihr im selben Atem die notwenigen Bedingungen für eine Entfaltung ihrer Wirksamkeit versagt.

Für Leistungsträger und für Leistungserbringer aber wird derzeit eine Wirkungsforschung immer wichtiger, die – sozusagen „schwarz auf weiß“ – nachweisen kann, was durch professionelle Arbeit erreicht wird. Welche Effekte haben stationäre Hilfen zur Erziehung, welche Erfolge haben sie im Vergleich zu teilstationären und ambulanten Hilfen? Wie wirken bestimmte Verfahren im Vergleich zu anderen? Wie kann rationalisiert und zugleich Qualität gesichert bzw. entwickelt werden?

Durch die Ausführungen weiter oben müsste deutlich geworden sein, warum eine Wirkung in der Sozialen Arbeit nur im Rahmen hoch komplexer wissenschaftlicher Arrangements geprüft werden kann. Wie schon weiter oben beschrieben, wird die Quantifizierung von Leistung und Wirkung nicht selten dazu führen, dass die entscheiden Aspekte dabei „herausquantifiziert“ werden. So stellt Schneider fest: „Es gibt einiges, was weniger messbar ist, aber deutlich wahrnehmbar“ (Schneider 2008, S. 13).

Die VertreterInnen des Sozialmanagements gegen davon aus, dass ein Vorher-Nachher-Vergleich sehr wohl die Wirkung von pädagogischen Angeboten und Maßnahmen belegen könne, wenn nur die Diagnose- und Evaluationsinstrumente hinreichend differenziert entwickelt sind. Bei einem schlichten Vorher-Nachher-Vergleich werden aber viele der oben geschilderten Aspekte der Wirkung Sozialer Arbeit und vor allem auch ihre fachliche Effektivitätslogik außer Acht gelassen. Wirkung ist im Rahmen des Sozialmanagements vor allem der unmittelbare, sichtbare Output, das, was als Ergebnis kurzfristig festgemacht werden kann und auch, was sich einfügt in die Erwartungen und Ziele derer, die an die Klientel Forderungen stellen. Ergebnisse, die für die KlientIn vielleicht sehr wichtig, aber im Blick auf die Ziele der Auftraggeber wenig relevant sind, gelten nicht als Ergebnisse, ebenso wenig das Erreichen von Teilzielen und Zwischenstationen, selbst dann nicht, wenn sie bei fortgesetzter Arbeit mit der KlientIn im weiteren Verlauf doch irgendwann in die offiziell anvisierte Richtung hätten zeigen können.

Ziel der steuerungsorientierten Wirkungserforschung ist nicht das Erkennen von etwas „möglichst Richtigem“, es ist nicht mehr die Verifizierung oder Falsifizierung von Hypothesen. Das Kriterium dieser Wirkungsforschung ist ausschließlich die Utilität und die Funktionalität von bestimmten Handlungsabläufen („what-works-Programme“; vgl. Dahme und Wohlfahrt 2006, S. 73; vgl. auch Heite 2008, S. 172). Es geht nur noch um unmittelbar praxiswirksames Wissen, das in Form von verpflichtenden Praxismanuals, standardisierten Diagnosebögen und „Assessment-Sheets“ die allgemeine Praxis anleiten soll (vgl. Ziegler 2006, S. 145). Das Ergebnis dieser Art Wirkungsforschung kann kaum eine wissenschaftlich fundierte Reflexionsgrundlage für eine professionelle Praxis sein. Worum es eigentlich geht, nennt Albert beim Namen: „Die Effizienz der Sozialen Arbeit wurde eingefordert durch den eindeutigen Nachweis, dass die Form der Hilfestellung auch einen wie auch immer gelagerten nachweisbaren „wirtschaftlichen“ Erfolg zu zeigen hat“ (Albert 2006, S. 26).

Es muss befürchtet werden, dass im Rahmen der steuerungsorientierten Wirkungsforschung und Evaluation die Ergebnisse der Sozialen Arbeit zunehmend auf messbare und sich ökonomisch auszahlende „Leistungen“ reduzieren und im Rahmen der standardisierenden und auf schnelle Effekte und Nützlichkeit ausgerichteten Auffassung von Wirkung entstellt und verkürzt werden.

Die in jüngster Zeit an Einfluss gewinnende Evidenzbasierung ist ebenfalls auf die Steuerungsorientierung von Praxis ausgerichtet. Sie wird in der Medizin praktiziert und zunehmend in die Felder der Sozialen Arbeit übertragen. Ziel ist es, Praktiken und empirische Ergebnisse zu eruieren, die sich empirisch als Erfolg versprechend erwiesen haben und damit zu klaren und kurzfristig erreichbaren Ergebnissen führen können. Ausgehend von einer konkreten praktischen Fragestellung unterzieht man diese einer Literaturrecherche in einer zentralen fachspezifischen Literaturdatenbank. Das dort vorgefundene empirische Wissen wird hinsichtlich seiner Qualität und Aussagekraft bewertet und dann in die Praxis implementiert. Daran schließt sich eine Evaluation an.

Die Datenbanken enthalten empirische Ergebnisse von Studien und Untersuchungen wissenschaftlicher Institute und Einrichtungen. Dabei geht es um empirisch belegte Wahrscheinlichkeiten für die Wirkung bestimmter Methoden und Ansätze in spezifischen Ausgangssituationen oder bei bestimmten Fragestellungen. Je höher die Wahrscheinlichkeit der so belegten Effektivität eines konkreten Handlungsschrittes ist, desto sinnvoller erscheint es nach evidenzbasierter Orientierung, sie zu übernehmen und desto eher wird sie von den Auftraggebern auch finanziert. Ausgangspunkt für die Erfassung der Evidenz Sozialer Arbeit und einzelner Maßnahmen, Methoden und Techniken sind also messbare, scheinbar objektive und unmittelbar praxisrelevante Wissensbestände über die nachgewiesen wirksamsten und effizientesten Handlungsprogramme, die praktiziert werden. Die Evidenzbasierung, so die Behauptung, „gibt zuverlässige Hinweise darüber, welche Versorgungsstrategie bei welcher Problematik bei welcher Population mit welcher Wahrscheinlichkeit welchen Nutzen zu produzieren in der Lage ist und eröffnet damit das Potential der Identifikation der gegenwärtig bestmöglichen Versorgung für Klienten“ (Meng 2009).

Eine Wirkungsevidenz aber, die aus in Einzeluntersuchungen belegten, anscheinend „erfolgreichen“ Praxiserfahrungen und damit aus einer additiven Fülle von empirischen Einzeluntersuchungen heraus ermittelt wurde, kann der Komplexität der konkreten Fragestellungen kaum gerecht werden. Wirkungsforschung in diesem Verständnis verzichtet weitgehend auf eine erklärende Wissensreflexion und ebenso auf das hermeneutische Fallverstehen (vgl. z.B. Heite 2008, S. 139). Die „Kunst des Urteilens angesichts von Mehrdeutigkeit“, nach Klatetzki die „eigentliche professionelle Kernkompetenz“ (Klatetzki 2005, S. 279; vgl. z.B. auch Nadai 2005, S. 15), wird hier bewusst ausgeschaltet und überflüssig gemacht.

Ziegler (2006) macht in diesem Kontext darauf aufmerksam, dass die konsequente Hinwendung zur Frage der Wirkung von Sozialen Leistungen als Kriterium für ihren Wert tendenziell auf ein Misstrauen gegenüber der Autonomie der Professionalität Soziale Arbeit hindeutet (Ziegler 2006, S. 142): „Nicht mehr die unzuverlässigen Professionellen sollen in Zukunft nach ihrem Gutdünken die Allokation der beschränkten Wohlfahrtsbudgets kontrollieren“, so merkt er ironisch an, „sondern „wissenschaftliche Verfahren“, die objektiv messen können, was wirklich bei den Bemühungen der Sozialen Arbeit heraus kommt“ (ebenda, S. 144f).

Allein das Wissen darum, dass ein Professioneller der Sozialen Arbeit eine bestimmte Leistung anbietet, sei kein Argument, das zur Finanzierung veranlasse und hinreiche. „Nur mit dem Nachweis von Effekten kann ein professionelles Verständnis Sozialer Arbeit seinem Anspruch gerecht werden“ (Struzyna 2006, S. 293). Ziegler (2006) verweist darauf, dass der Qualitätsbegriff gegenwärtig den Professionalitätsbegriff ersetzt. „Nicht mehr Wissenschaft scheint heute das Handeln zu legitimieren, der neue Gott dem gehuldigt wird, heißt Qualität“, so zitiert Ziegler Klatetzki (2005, S. 279). Ziegler selber sieht darin einen Bedeutungsverlust der Sozialwissenschaften. Sie haben einen Legitimationsverlust erlitten. An ihre Stelle treten nun „wissenschaftlich-bürokratische Modelle“ (Ziegler 2006, S. 142f). Die Sozialarbeitenden sollen offenbar ihrem Computer und den Datenbanken mehr vertrauen als ihrer eigenen Professionalität.

Es muss angenommen werden, dass die Praxis von Sozialarbeitenden, die so ihr fachliches Handeln orientieren, eine ganze Reihe von Schwächen und Fehlleistungen aufweist:

  • Sie werden die besonderen Bedingungen und Chancen eines konkreten Falles übersehen, da sie sich nur nach Wahrscheinlichkeiten und dem üblichsten Erfolg richten.
  • Sie werden, wenn sie die falschen Fallmerkmale ins Blickfeld rücken, auch unpassende Ergebnisse bekommen.
  • Sich widersprechende empirische Ergebnisse bleiben für sie unerklärbar und sind damit nicht nutzbar.
  • Sie werden sich von ihrem Computer fachliche Selbstverständlichkeiten und Banalitäten berichten lassen müssen.
  • Sie verzichten auf die Produktivität einer Theorie und Empirie geleiteten Herangehensweise an konkrete Fragestellungen und damit auch auf die Produktivität ihres eigenen professionellen Denkens.
  • Sie verlernen fachliches Denken und ihre fachliche Kreativität wird bestraft.

Die Suche nach Erklärungen, Lösungswegen und Zielen in Aushandlung mit den KlientInnen dürfte im Rahmen dieses Vorgehens keinen Platz haben.

Es geht der evidenzbasierten Praxis und der wirkungsorientierten Steuerung nicht um individuell im Aushandlungsprozess erarbeitete, auf die Ursachen und Zusammenhänge hin hinterfragte Entscheidungen und auch nicht um eine fachliche Praxis, die Ermessensspielräume professionell nutzt, sondern um immer wieder übertragbare Interventionen, bei denen soziale Rahmenbedingungen ausgeschlossen werden können, die ja ohnehin als irrelevant angesehen werden. Und es geht um den bewussten Verzicht auf die professionelle Kompetenz, also auf das, was im Beispiel salopp als „Sozialarbeiterhinterkopf“ bezeichnet wird.