Teil 1 Berufsidentität und gemeinsames Berufsverständnis in der Sozialen Arbeit

Gedanken zur Analyse des Iststandes:
Berufsidentität und gemeinsames Berufsverständnis in der Sozialen Arbeit

Das Selbstbewusstsein des einzelnen Sozialarbeitenden ist eher gering (keine vertiefte, „nur“ breite Ausbildung, nur „kleiner Psychologe“…, Identifikation mit der abgewerteten Klientel, geringer Status, Einkommen zum Teil am Existenzminimum, kein Bewusstsein von der eigenen beruflichen Autonomie…, Professionelle stellen sich in der Praxis oft Laienarbeit gleich, haben Hemmungen, sich als Professionelle darzustellen.

Der Zusammenhalt als Berufsgruppe ist oft sehr schlecht. Jeder kämpft so zu sagen für sich allein. Der Organisationsgrad in Gewerkschaften ist ziemlich gering. Der Berufsverband ist den KollegInnen eher unbekannt.
Deshalb gibt es auch keinen, der für die Profession sprechen kann, der sie nach außen inhaltlich, fachlich und berufspolitisch vertreten kann.
Schon die in Sachen Soziale Arbeit „engagierten“ Gewerkschaften bilden selber die Zerrissenheit und Marginalität der Sozialen Arbeit ab, s. GEW, s. ver.di
Es gibt dagegen unglaublich viele fachspezifische Zusammenschlüsse.

Arbeitsbereiche der Sozialen Arbeit gegeneinander auszuspielen ist auf diesem Hintergrund ein Leichtes.

Es gibt kaum ein Verständnis von „der“ Sozialen Arbeit. Die meisten PraktikerInnen würden ihre Arbeit arbeitsfeld- oder zielgruppenspezifisch benennen und beschreiben. KollegInnen aus voneinander weit entfernten Arbeitsfeldern haben nicht mehr den Eindruck, den gleichen oder gar denselben Beruf auszuüben.

Die theoretischen, ethischen und methodischen Kernelemente der Profession werden von den PraktikerInnen nicht mehr wahrgenommen, bestenfalls als ein dahinterstehendes, gut gemeintes Konzept, das aber nicht trägt.

Soziale Arbeit hat deshalb nur wenig Halt in sich. Soziale Arbeit nimmt oft einfach die Form und Gestalt an, die ihr von außen angeboten oder auch vorgeschrieben wird. Es gibt kein Selbstverständnis beruflicher Autonomie.

Nicht wenige Sozialarbeitende glauben selber nicht an ihre Professionalität und arbeiten aus dem Bauch heraus mit wenig oder eher zufälliger Qualität. Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit klaffen auseinander.
Die Theorie hält sich zurück, wenn es darum geht, Praxis zu orientieren. Theorie ist außerdem natürlich selber in unterschiedliche Positionen gespalten.
Damit bleibt die Kraft und bleiben die Chancen der Theorie für die Orientierung, Profilierung der Praxis nach außen ungenutzt.

 


Über m.s.

Ich war 18 Jahre Professorin für Soziale Arbeit an der FH Jena (Methoden, Hilfen zur Erziehung, Schulsozialarbeit). Davor war ich 18 Jahre in der Praxis. Studiert habe ich Psychologie in Münster und Soziale Arbeit in Frankfurt a.M. Bücher: Schwarzbuch Soziale Arbeit Engaging Hilfe zur Erziehung zwischen Professionalität und Kindeswohl Das kann ich nicht mehr verantworten Ambulante Hilfe zur Erziehung und Sozialraumorientierung
Dieser Beitrag wurde unter alte Blogbeitrage veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar