Es weihnachtet sehr. Wir sitzen bei Schwägerin und Schwager im gemütlichen Wohnzimmer, nach einer üppigen Kaffeetafel und plaudern.
“Was hälts du eigentlich von den Tafeln?”, fragt mich meine Schwägerin. Ich sage, was ich davon halte. Nichts. Ich schäme mich für unseren Staat, dass er so etwas notwendig macht. Meine Verwandtschaft ist leicht irritiert. “Aber da können sich diese Menschen doch einmal sattessen. Was soll daran falsch sein? ” Ich schäme mich für unsere Bevölkerung, die sich daran gewöhnt hat, dass jetzt Mildtätigkeit und Barmherzigkeit die Lücke füllen sollen, durch die sich der Sozialstaat verabschiedet hat…
“Warum gibt es Arme und Reiche, Mama”, fragte neulich ein Kind in einer Kita. Und die Erzieherin wußte die Antwort: Das hat der liebe Gott so eingerichtet, damit die Reichen sich in Liebe und Barmherzigkeit üben dürfen.”
Ich denke an das Zitat von Margalith:
Eine Gesellschaft, in der die Bedürftigen ein Anrecht auf Unterstützung haben, ist grundsätzlich weniger entwürdigend als eine Gesellschaft, die auf Barmherzigkeit beruht (Margalith 1998, S. 276).