Vorsicht Bertelsmann!

M. Heintz stellt mir folgenden Brief von M. Krämer zur Wahrheit der Bertelsmannstiftung zur Verfügung:

Bertelsmann-Studien Eigeninteresse oder Wissenschaft?

„Das belegt eine Studie der Bertelsmann-Stiftung“ – diese Worte liest oder
hört man häufiger. Schließlich gibt Bertelsmann regelmäßig Studien in
Auftrag. Doch obwohl wir „Stiftungen“ meistens positiv assoziieren,
verfolgen auch sie Eigeninteressen. Solche Vorwürfe muss sich immer häufiger
die Bertelsmann-Stiftung gefallen lassen. Sie steht wegen ihrer Studien über
das Freihandelsabkommen in der Kritik.

http://www.mdr.de/nachrichten/bertelsmann-stiftung102_zc-e9a9d57e_zs-6c4417e7.html

Schon im Februar 2009 haben Klaus Lindner, Wiebke Priehn und ich in einem
Beitrag in der Online-Zeitung NRHZ die Gemeinnützigkeit der
Bertelsmann-Stiftung in Frage gestellt. Immerhin haben die
Bertelsmann-Erben, die Mohns durch die Stiftungskonstruktion des
Bertelsmann-Konzerns ca. 4,26 Mrd. EURO an Erbschaftssteuer gespart.

http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=13431

Jetzt endlich nimmt die Kritik an der Seriösität der Bertelsmann-Stiftung
und der Wissenschaftlichkeit der von der Stiftung in Auftrag gegebenen
vermeindlich wissenschaftlichen Studien zu. Der oben genannte Beitrag des
MDR ist aber erst ein Anfang. Auch Lobbycontrol sieht die
Bertelsmann-Stiftung inzwischen kritisch.

https://lobbypedia.de/wiki/Bertelsmann_Stiftung

Und selbst der konservative Philologenverband und andere Lehrerverbände
betrachten die Bertelsmann-Stiftung und ihre pseudowissenschaftlichen
Untersuchungen inzwischen eher kritisch.

http://www.lehrerverband.de/Kraus_Bertelsmannstudien_2012.pdf

In ihrer Stellungnahme fassen die Lehrerverbände zusammen:

Vor allem aber ist es an der Zeit, dass sich Politik und Publizistik gerade
im Bereich Bildung ernsthaft an die entscheidenden Punkte der Kritik an
Bertelsmann und seiner Stiftung herantrauen:


Bertelsmann frönt einer fortschreitenden Ökonomisierung von Bildung.
Bildungsqualität wird hier reduziert auf Quantifizierbares, Bildung
herunterdekliniert auf das,was sich in Zahlen pressen und in wirtschaftliche
Vorteile ummünzen lässt. Bildungseinrichtungen, die sich etwa
qua Evaluation den Kriterien dieser Organisationen unterordnen, ordnen sich
damit einem Konformitätsdruck unter, denn die „Messinstrumente“ entfalten
selbstredend eine normative Wirkung.


Höchstbedenklich ist die Art und Weise, wie Bertelsmann„Studien“ lanciert
werden: Die Stiftung liefert selektiv ausgewählte Daten, in gewissen Agentur
und Redaktionsstuben reagiert man marionettenhaft auf diese Zahlen und den
damit verbundenen Alarmismus, und schon beginnt die Politik zu rudern.
Politiker und Ministerialbeamte hier und die Stiftung dort
instrumentalisieren sich zudem immer häufiger gegenseitig. Die Stiftung
lässt ihren Kooperations-partnern exklusiv Information zukommen, sie
verschafft sich damit Zugang zu vielen Projekten.


Im Kern läuft alle Bertelsmann Politik immer wieder auf eine mehr oder
weniger versteckte Propaganda für ein einheitliches Schulwesen hinaus.
Allein die
Autoren, denen Bertelsmann Aufträge für „Studien“ zukommen lässt, stehen
dafür.


Besonders seltsam freilich mutet die Doppelbödigkeit der Bertelsmann
Politik an. Hinter der sich bildungsbeflissen gebenden Stiftung steht
nämlich ein Konzern, der sich als Hauptanteilseigner bestimmter privater
Fernsehsender bislang nicht gerade als Förderer von Bildung profiliert hat.

Es wäre also längst Aufgabe nicht nur der Bildungspolitik, sondern aller
Politikfelder, in denen Bertelsmann wildert, sich von den Einflüssen dieser
Stiftung frei zu machen, anstatt ständig auf „Studien“ dieses Hauses
aufzuspringen oder im günstigen Fall ein halbherziges Ceterum Censeo
anzufügen.

Über m.s.

Ich war 18 Jahre Professorin für Soziale Arbeit an der FH Jena (Methoden, Hilfen zur Erziehung, Schulsozialarbeit). Davor war ich 18 Jahre in der Praxis. Studiert habe ich Psychologie in Münster und Soziale Arbeit in Frankfurt a.M. Bücher: Schwarzbuch Soziale Arbeit Engaging Hilfe zur Erziehung zwischen Professionalität und Kindeswohl Das kann ich nicht mehr verantworten Ambulante Hilfe zur Erziehung und Sozialraumorientierung
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