In Dortmund auf dem Campus der Universität hat vergangene Woche der 7. Bundeskongress Soziale Arbeit getagt. Dortmund hat man davon vermutlich nicht viel mitbekommen, denn genau an diesen Tagen war das Spiel Schalke 04 gegen Borrussia Dortmund das eigentliche Thema….
Für unsere Profession aber war diese Tagung wichtig und hat viele Anregungen gebracht, aber auch Einschätzungen ermöglicht über den gegenwärtigen Stand von Wissenschaft und Praxis im Feld Sozialer Arbeit.
Der Kongress tagte 3 Tage lang und umfasste eine Fülle Symposien, Foren, Vorträge und Arbeitsgruppen. Natürlich konnte ich mir wie jeder immer nur eine Veranstaltung gleichzeitig ansehen und habe mir so eine Interessen spezifische Schneise durch diese große und interessante Vielfalt an Angeboten geschlagen. Es waren weit über tausend TeilnehmerInnen da, viele junge Leute übrigens und das auch auf den Podien, nicht nur in den Zuhörerräumen. Von den Alten der Zunft waren viele anwesend, deren Namen man sonst nur auf den Buchumschlägen liest und mit deren Texten man sich in Seminaren herumschlägt. Manches Gesicht allerdings fehlte mir und ich habe mich gefragt, ob dieser Bundeskongress nicht von allen als abgemessenes Forum gesehen wird. Gerade diejenigen, die mit den heutigen Entwicklungen eher verharmlosend oder auch achselzuckend umgehen, waren nicht so reichlich vertreten.
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Ich möchte hier in meinem Blog in den folgenden Tagen ein paar Gedanken und Beobachtungen festhalten, die ich auf dem Kongress gemacht und mit nach Hause genommen habe.
Für heute lasse ich erst mal die Veranstalter zu Worte kommen:
“Gerechtigkeit, Verantwortung und Sicherheit gehören zu den zentralen ethischen Säulen demokratischer und sozialer Rechtsstaaten und sie bilden die Grundlage für Institutionen der Sozialen Arbeit ebenso wie für das sozial- und bildungspolitische Handeln.
Angesichts gesellschaftlicher Veränderungen, die Tendenzen zunehmender Spaltung und sozialen Ausschlusses offenbaren, ist die Soziale Arbeit aufgefordert, ihren Beitrag zu Programmen, Strategien und Maßnahmen der Bewältigung sozialer Risiken und Unsicherheiten zu benennen und weiterzuentwickeln. Die Interpretation der Leitbilder und Prinzipien der Sozialstaatlichkeit gehören dabei ebenso auf den Prüfstand wie die zur Verfügung stehenden Ressourcen zur Sicherung der individuellen Lebensführung.
Die Soziale Arbeit übernimmt Verantwortung sowohl für die aktive Gestaltung der Lebenslagen und lebensweltlichen Verhältnisse von Kindern, Jugendlichen, Familien, Erwachsenen und älteren Menschen als auch für die Beteiligung an dem Auf- und Umbau eines solidarischen Gemeinwesens, das die Menschenwürde achtet und die Selbstbestimmung des Einzelnen stärkt.
Damit begibt sie sich auf unsicheres Terrain. Die Zerreißproben individueller Lebensführung korrespondieren mit der Erosion bislang anerkannter gesellschaftlicher Normalitätserwartungen und zentraler sozialstaatlicher Leitideen, sie irritieren die Profession und provozieren eine konzeptionelle, theoretische und empirisch fundierte Weiterentwicklung der Konzeptionen Sozialer Arbeit. Das Ringen um die künftigen Ausprägungen von Gerechtigkeit (Verteilungs-, Leistungs-, Chancengerechtigkeit) und Sicherheit (soziale Sicherung, Handlungs- und Verfahrenssicherheit, soziale Kontrolle) wird zum Ausweis moderner Fachlichkeit. Herausgefordert wird die professionelle Identität aber auch durch Zumutungen und Erwartungen, die aus der Kooperation und Konkurrenz mit anderen Formen und Institutionen der Problembearbeitung (z. B. der Polizei/Justiz, des klassischen Bildungssystems oder der Medizin oder Psychologie) entstehen. Soziale Arbeit muss sich nicht nur angesichts gesellschaftlicher und kultureller Herausforderungen, sondern auch im Hinblick auf institutionelle Verstrickungen mit anderen Professionen und Handlungsorientierungen positionieren.
Der 7. Bundeskongress Soziale Arbeit diskutiert im Rahmen seiner Symposien, Foren und in den zahlreichen Arbeitsgruppen die aktuellen wissenschaftlichen und professionellen Erkenntnisse zu den gesellschaftlichen Entwicklungen und ihren berufspraktischen Konsequenzen. Im Zentrum stehen dabei soziale (Aus-)Schließungsprozesse und die öffentlichen, professionellen und privaten Reaktionsformen auf die so entstehenden Unsicherheiten. Die mit dem Bundeskongress entwickelte Expertise für die Soziale Arbeit eröffnet die Möglichkeiten einer kritischen Reflexion und Neujustierung in Verantwortung für das Soziale.