Roman: Das war gestern, Ackermann!
Ein Vormittag im Beratungszimmer
Draußen vor seinem Bürofenster entfaltete sich der Morgen von Stunde zu Stunde heller und freundlicher. Die Sonne warf einen flimmernden Lichtfleck auf die Wand hinter seiner Klientin. Nach dem gestrigen Erlebnis in Köln genoss Dieter diesen Morgen ganz besonders. Er fühlte sich in seinem Büro auf dem bequemen, aber altmodischen Sessel und in der Jeans mit dem weiten Hosenbund wie zuhause. Wie gut es tat, hier zu sitzen und zu arbeiten!
Frau Berka saß ihm gegenüber und jetzt, nach einer Zeit, in der sie nervös und unglücklich von den neusten Streitereien mit ihrem Mann berichtet hatte, schien sie sich endlich zu entspannen. Dieter bemerkte, wie sie sich bequemer hinsetzte und die Beine leicht von sich streckte. Sie lächelte ihn an. Offenbar tat ihr das Gespräch gut.
„Wissen sie, Herr Ackermann: Die wenigsten Menschen in meinem Leben waren in der Lage, mich zu verstehen. Von Eric ganz zu schweigen. Bei Ihnen habe ich das Gefühl, dass Sie immer genau wissen, was ich meine. Das tut mir so gut! Seit ich zu Ihnen komme, lichten sich die Wolken, die sich über mir zusammengezogen hatten immer mehr. Hierher zur Lebensberatung zu gehen, das war der beste Rat, den meine Freundin mir je gegeben hat.“
Dieter Ackermann sah seine Klientin aufmerksam und freundlich an.
„Das ist sehr schön und ich freue mich mit ihnen darüber. Aber was ich Sie noch fragen wollte: Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, sich selbst eine Arbeit zu suchen und sich auf eigene Füße zu stellen?“
Sie reagierte nicht. Sie sah durch ihn hindurch und schien mit ihren Gedanken weit weg. Er wartete.
Jetzt kam sie zu sich und sah ihn ein wenig schuldbewusst an. „Entschuldigen Sie, ich war gerade abgelenkt. Was haben Sie gefragt?“
„Ob Sie schon daran gedacht haben, sich eine Arbeit zu suchen und sich finanziell auf eigene Füße zu stellen?“
„Ehrlich gesagt, nein. Mein Mann würde das nicht wollen.“
„Aber darüber nachdenken könnten Sie trotzdem, oder?“
Sie sah überrascht auf. Dann lächelte sie ihn an und versank erneut ins Nachdenken.