Bundeskongress Soziale Arbeit IV

ARBEITSGRUPPE 4
WOHLFAHRTSPRODUKTION NACH DEM TOD DES SOZIALEN
Teil I

Diese Arbeitsgruppe hatte ich mir gezielt ausgesucht, weil ich die Personen einmal persönlich kennen lernen wollte, die sich hier als Moderatorin und als Input-GeberInnen ausgewiesen hatten. Zudem interessierte mich die Thematik, schien sie mir doch eine perfekte Ergänzung zum Vortrag von Winkler.

Zunächst erlitt ich einen ganz kleinen und ganz persönlichen Schock: Auf dem Podium saßen sie alle, die ich aus der Literatur gut kenne und schätze: Nadia Kutscher, Catrin Heite, Nina Oelkers, Karin Böllert und andere – viele andere: insgesamt 11 oder 12  Frauen nahmen das ellenlange Podium ein. Und alle erschienen mir mit meinen 61 Lenzen verdammt jung. Natürlich kam bei mir kopfseitig Freude auf: so viel qualifizierte Frauen und so viel kritische junge Leute!! Aber mein Bauch musste kurz einen gewissen Schock verkraften und mir fiel zum Trost spontan ein Foto von mir selber ein, auf dem ich mit meiner Doktor Mutter zu sehen bin im Jahre 1973 und wo ich , wie ich dann viele Jahre später erschrocken konstatierte, derartig jung aussah, dass man mir damals sicher nicht  viel und auch nicht die Trübung irgendwelcher Wässerchen zugetraut hätte ….

Die einzelnen Beträge waren zum Teil sehr gut und interessant.
Z.B. gefiel mir der Beitrag von Karin Böllert über das Thema Bildung besonders gut. 20080628_bildungspolitikegalitarismus.jpgSie dekodierte die derzeitigen  Absichten eines quantitativen Ausbaus der Bildung an ihren eigentlichen politischen Zielen: Stärkung des Wirtschaftsstandortes Deutschland, Befriedung der vorhandenen ökonomischen Interessen, Stärkung der individuellen Eigenverantwortung. Sie forderte dagegen:
– einen umfasssenden, nicht reduzierten Bildungsbegriff
– ein erweitertes Bildungsverständnis (Gleichrangigkeit von formeller und informeller Bildung)
– Institutionalisierung einer Vernetzung von Bildungsverantwortung
– Sicherung der Zukunftsfähigkeit und der Teilhabechancen aller.
Employabilität als Konzept und Zielsetzung eines Bildungsausbaus würde diesen Forderungen allerdings nicht gerecht.

Die Arbeitsgruppe als solche war dann allerdings leider doch nicht so ganz geglückt, finde ich. So richtig wurden die Zusammenhänge und Absichten der einzelnen Beiträge untereinander nicht deutlich. Und als ein Teilnehmer fragte: „O.k., aber wieso: „Tod des Sozialen“, wusste ich auch, warum. Was Michael Winkler am Morgen vorgetragen hatte, war eben doch nicht selbstverständliches Wissen und klare Erkenntnis bei allen TeilnehmerInnen des Kongresses. Das aber hatte man hier scheinbar vorausgesetzt und sich die Herstellung dieses Kontextes für das Arbeitsgruppenthema erspart. Schade eigentlich.

Ob der Eindruck auch am Nachmittag bei der Fortsetzung der Arbeitsgruppe noch in gleicher Weise bestanden hätte, kann ich nicht beurteilen, weil mich nachmittags eine andere Arbeitsgruppe mehr reizte.

Über m.s.

Ich war 18 Jahre Professorin für Soziale Arbeit an der FH Jena (Methoden, Hilfen zur Erziehung, Schulsozialarbeit). Davor war ich 18 Jahre in der Praxis. Studiert habe ich Psychologie in Münster und Soziale Arbeit in Frankfurt a.M. Bücher: Schwarzbuch Soziale Arbeit Engaging Hilfe zur Erziehung zwischen Professionalität und Kindeswohl Das kann ich nicht mehr verantworten Ambulante Hilfe zur Erziehung und Sozialraumorientierung
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