Bericht 3. DiskussionsCafé

„Perspektive für SozialpädagogInnen – unter Wert verkaufen oder gleich Hartz IV“. Dies war das Thema des letzten Diskussionscafés, zu dem sich wieder Studenten in der FH Jena getroffen haben.

Die Entwicklung der Sozialen Arbeit ist in den letzten Jahren von höchst widersprüchlichen Entwicklungen gekennzeichnet. Auf der einen Seite kann ein hohes quantitatives Wachstum an Erwerbstätigen festgestellt werden, auf der anderen Seite verzeichnen verschiedene Arbeitsfelder massive Einbrüche. Die Zahl der Teilzeit- und befristeten Arbeitsverhältnisse steigt, immer mehr Tätigkeiten werden an unter prekären Bedingungen tätige „Selbständige“ ausgelagert und überall sind Bemühungen erkennbar, das Qualifikationsniveau der Beschäftigten abzusenken, um niedrigere Gehälter bezahlen zu können.

Durch befristete Arbeitsverträge entsteht jedoch eine Unsicherheit für den Arbeitnehmer, welche sich negativ auf seine Arbeit auswirken kann. Auch ein langfristiger Vertrauensaufbau zum Klienten ist in einem begrenzten Zeitraum schwer möglich. Im schlimmsten Fall kann dies zu einer wirkungslosen Sozialen Arbeit führen, aus der keine positiven Effekte hervorgehen können. Häufig versuchen SozialarbeiterInnen doch noch das Beste aus der Situation zu machen, opfern sich für ihren Beruf und ihre Klienten auf und versuchen sich unentbehrlich zu machen. Letztendlich auch in der Hoffnung ihr Arbeitsverhältnis würde dadurch verlängert werden.

Auch Teilzeitstellen scheinen einen Boom zu erleben, obwohl die anfallende Arbeit nur mit Vollzeitstellen gedeckt werden könnte. In der Folge führt dies dazu, dass viele Teilzeitkräfte mehr arbeiten, was oftmals durch den Arbeitgeber schon eingeplant wird. Hier ist vor allem das Selbstbewusstsein der SozialarbeiterInnen gefragt, auf solche Missstände aufmerksam zu machen und dem Arbeitgeber darzulegen, dass eine wirkungsvolle Soziale Arbeit nur unter bestimmten (dies meint nicht nur zeitliche) Voraussetzungen möglich ist. Das heißt aktiv gegen Ausbeutungsmechanismen vorzugehen – nicht allein, sondern gemeinsam mit Kollegen.

Die Frage nach der Vergütung in der Sozialen Arbeit war eine weitere Diskussionsgrundlage des Treffens. Persönliche Erfahrungen der Diskussionsteilnehmer zeigten, dass klientenferne Tätigkeiten in der Praxis besser bezahlt werden als die Jobs, die näher am Klienten sind. Dies fördert nicht nur eine Zwei-Klassen Sozialarbeit, sondern führt auch zu einer Geringschätzung derer, die mit der schwierigsten Klientel arbeiten.

Laut Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes bezieht ein staatlich anerkannter Sozialarbeiter für eine Vollzeitstelle 2300 € brutto im Monat. Doch gerade Freie Träger haben oft eigene Haustarife, was auch eine geringere Vergütung bedeutet. In Thüringen liegt somit der durchschnittliche Bruttolohn eines Sozialarbeiters bei 1500 €. Zu Recht stellten sich hier die Diskussionsteilnehmer die Frage, ob dieser Lohn nach einem vierjährigen Hochschulstudium gerechtfertigt ist? Gerade in Bewerbungsgesprächen scheuen sich die meisten Bewerber den Punkt Vergütung anzusprechen, geschweige denn zu verhandeln. Doch die Gefahr in eine „Gehalts-Abwärtsspirale“ zu geraten ist groß und wirkt sich schließlich auch auf das gesamte Berufsfeld aus. Doch gerade im Bewerbungsgespräch kann und sollte man sich nicht unter Wert verkaufen und deutlich machen wo die eigenen Stärken liegen und welche Erfahrungen man hat. Arbeitgeber, die qualifizierte Kräfte brauchen, werden diese auch entsprechend bezahlen. Aushandlungsprozesse gibt es nicht nur in der Arbeit mit den Klienten. Warum nicht also auch im Bewerbungsgespräch?

Wie sich im Laufe der Diskussion herausstellte, war der Aspekt Geld nicht das einzige ausschlaggebende Kriterium eine Stelle anzunehmen. Vielmehr standen ein sicheres Arbeitsverhältnis und ein gutes Betriebsklima im Vordergrund. Die Diskussionsteilnehmer waren sich darüber einig, dass gute Soziale Arbeit nur geleistet werden kann, wenn Sicherheit bei den SozialarbeiterInnen besteht und ein gutes Miteinander im Team gegeben ist. Vor allem die Anerkennung der geleisteten Arbeit ist Motivation eine Tätigkeit langfristig auszuüben.

Bei all den Schwierigkeiten, die in der Praxis auftauchen, ist es nicht verwunderlich, dass viele Studenten Angst haben nach ihrem Studium keine Arbeit zu finden, oder auch in prekären Arbeitsverhältnissen zu landen. In der Diskussion bemerkten einige Teilnehmer, dass sie weniger gut bezahlte Jobs annehmen würden, um überhaupt Arbeit zu haben. Doch ist diese Angst der Studenten tatsächlich begründet? Aus den Zahlen der Agentur für Arbeit geht hervor, dass ein sehr großer Bedarf an SozialarbeiterInnen besteht. Viele Arbeitnehmer sind älter als 45 Jahre, so dass auch in Zukunft junge SozialarbeiterInnen gefragt sind. Weiterhin zeigt sich, dass drei Viertel der FH-Absolventen nach spätestens einem Jahr einen Arbeitsplatz vorweisen konnten. Jedoch sollte man sich bewusst sein, dass zwei Drittel der Stellen im Sozialen Bereich bundesweit nicht ausgeschrieben sind. Es ist also sehr hilfreich sich frühzeitig zu vernetzen und während des Studiums/Praktikums Kontakte zu knüpfen. Viele Studenten bekommen auf diese Weise ihren Berufseinstieg. Die Angst keine Stelle zu bekommen ist also unbegründet. Legt man diese Angst jedoch nicht ab, führt das schnell dazu prekäre Beschäftigungsverhältnisse anzunehmen und fördert somit Ausbeutung und sinkende Löhne.

Während der Diskussion wurde bei den Studenten deutlich, dass ein großer Bedarf an Aufklärungsarbeit bzgl. hochschulinterner Gremien, Berufsverbände, Tarifverträge, Arbeitsrecht etc. besteht. Vor allem auch der Aufbau einer Berufsidentität und Möglichkeiten der Mitbestimmung scheinen von großer Bedeutung zu sein, jedoch fehlt es auch hier an Transparenz und Informationen. An dieser Stelle sind insbesondere die Hochschulen und Professoren gefragt die nötigen Informationen frühzeitig zu vermitteln. Nur so können die Studenten von Beginn an sensibilisiert und informiert werden. Als eine gute Möglichkeit bietet sich das Mentoring an, welches dafür genutzt werden könnte. Dies kann letztlich nicht nur die Identitätsbildung des Einzelnen außerhalb der Fachhochschule, sondern auch der Profession Soziale Arbeit im Ganzen stärken.

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